Hannes Androsch

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Im Gespräch | 17 04 2008

Hannes Androsch

Vom Vizekanzler zum "Salzbaron". Michael Kerbler spricht mit Hannes Androsch, Industrieller

Er wurde mit 29 Jahren Nationalratsabgeordneter, mit 32 Jahren Finanzminister und mit 38 Jahren zum Vizekanzler: Dkfm. Dr. Hannes Androsch.

Im April 1938 geboren, wurde er zum "Sonnyboy" der Regierung Kreisky hochstilisiert. Doch im Jahr 1981 kam es zum Eklat und zum Bruch zwischen dem "Sonnenkönig" und seinem Vize. Androsch schied im Unfrieden mit Kreisky aus der Politik.

Ausschlaggebend für die Entzweiung waren einerseits Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung, andererseits grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten punkto Steuer- und Finanzpolitik. Androsch begann eine Bankkarriere als "roter" Generaldirektor in der traditionell "schwarzen" Creditanstalt, aus der er sieben Jahre später nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage ausschied.

Wie kaum ein Zweiter hat es Hannes Androsch geschafft, nach seiner gescheiterten politischen Karriere als Quereinsteiger in der Wirtschaft zu reüssieren, notierte die APA anlässlich seines 65. Geburtstages. Mit der steirischen Leiterplattenfirma AT&S schrieb Androsch im Gefolge des "New economy"-Booms die erfolgreichste Privatisierungsstory eines ÖIAG-Unternehmens und schuf sich auch ein zweites Standbein bei der Privatisierung der Salinen Austria, die ihm in seiner Wahlheimat Ausseerland zur regionalen Reputation eines "Salzbarons" verhalf.

Die Wirtschaftspolitik der "Wenderegierung" aus ÖVP und FPÖ hat Androsch scharf kritisiert. Er wies schon im ersten Jahr der neuen Koalition darauf hin, dass das "Nulldefizit" ein einmaliges Ereignis bleiben werde und das Budget in den Folgejahren aus dem Ruder laufen könnte. Auch bezüglich der "Ausverkaufspolitik" nahm sich Androsch kein Blatt vor den Mund, wobei er insbesondere den Verkauf der Bank Austria an die bayerische HypoVereinsbank kritisierte, weil damit die Creditanstalt als ehemalige "monetäre Visitenkarte" des Landes untergegangen sei. Um den Arbeitskräftebedarf zu decken, sprach sich Androsch damals auch für eine selektive Zuwanderungsquote von jährlich 50.000 Menschen nach Österreich aus.

Michael Kerbler hat Hannes Androsch eingeladen, mit ihm über die Verfasstheit der Republik, österreichisches Unternehmertum im Zeitalter der Globalisierung und die Zukunft Europas zu diskutieren.

Hannes Androsch verstarb im Dezember 2024.

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