ORF/THOMAS RAMSTORFER
"Zeit im Bild"
Das Flaggschiff trotzt den Stürmen
Die "Zeit im Bild" feiert ihren 70. Geburtstag. Die wichtigste Nachrichtensendung des Landes und Flaggschiff der ORF-Information hat mehrere Medienrevolutionen tapfer überlebt. Heute ist der Kampf um junge Zielgruppen die größte Herausforderung.
4. Dezember 2025, 18:25
1955 geht die erste "Zeit im Bild" on Air. Es war der Anfang für die immer noch wichtigste Nachrichtensendung des Landes. Den Namen erfunden hat ORF-Legende Thaddäus "Teddy" Podgorski. "Naja, gut ist er nicht, aber lassen wir ihn derweil", so soll der damalige Fernsehdirektor Gerhard Freund auf die Namensidee von Podgorski reagiert haben.
Der Name ist geblieben und wurde zum Programm. Ob Mondlandung, Fall der Berliner Mauer, die Terroranschläge 9/11 - die "Zeit im Bild" war immer dabei und hat historische Momente in die österreichischen Wohnzimmer übertragen.
Nachrichtenmoderator Walter Richard Langer, 1967
ORF
Die Marke ZIB stiftet Identität
70 Jahre später ist die Medienwelt eine andere. Der ORF hat kein Monopol mehr. Internet, Soziale Medien und das Smartphone haben die Art und Weise, wie wir Nachrichten konsumieren auf den Kopf gestellt. Künstliche Intelligenz und Fake News tun ihr Übriges. Wenn es hart auf hart kommt, ist es daher weiter die ZIB, die als verlässlicher Informationsanker punktet, sagt Kommunikationswissenschafter Josef Seethaler von der Akademie der Wissenschaften. Die ZIB sei immer noch "identitätsstiftend". Das habe sich zuletzt während der Corona-Krise gezeigt, während der die Quoten der TV-Sendung in die Höhe geschnellt sind.
Mehr als eine Million Menschen schalten durchschnittlich um 19:30 Uhr ein - das sind mehr als vor der Pandemie. Der krisenbedingte Publikumszuwachs war nachhaltig.
ORF
Top-Position im deutschen Sprachraum
Gerade in Zeiten, in denen man nicht weiß, wem oder was man glauben kann, müsse die ZIB das Publikum mit Fakten versorgen und Orientierung bieten, sagt ZIB-Anchor Tarek Leitner. "So wie ich das erlebe, ist das Vertrauen in die Informationen der Kolleginnen und Kollegen, die für die "Zeit im Bild" arbeiten, so groß, dass man sagt: Wenn die Welt ins Wanken gerät, dann weiß ich, wie stark sie wackelt, wenn ich mir die ZIB anschaue." 20 Minuten Zeit hat die Redaktion dafür jeden Abend, 365 Tage im Jahr.
Der Vergleich mit anderen öffentlich-rechtlichen TV-Nachrichten kann sich sehen lassen. In Relation zur Einwohnerzahl ist die ZIB die sogar erfolgreichste Nachrichtensendung im deutschen Sprachraum, weiß Medien-Beobachter Peter Plaikner. Die Marktanteile der bei der ARD in Deutschland und der SRG in der Schweiz liegen unter den 54% Marktanteil, auf die die "Zeit im Bild" zuletzt gekommen ist.
Die privaten Sender in Österreich haben es nie geschafft, den Vorsprung, den der ORF dank seines Monopols bis zur Jahrtausendwende hatte, aufzuholen. Auch wenn ServusTV und ATV ihr Nachrichten sogar geschickt zwischen Bundesland-Heute-Sendungen und der ZIB platziert haben.
Diversifizierung war erfolgreich
ZIB2, ZIB-Magazin, die ZIB auf Facebook, Instagram und mit eigenen Videos auf TikTok. Das "Zeit im Bild"-Universum besteht längt aus vielen Sendungen und Formaten. Dass sich die ZIB so breit aufgestellt hat und auch im Netz zur größten News-Marke geworden ist, gilt als ein Erfolgsgeheimnis. Zuletzt ist auch die Plattform YouTube dazugekommen
Es ist am Ende ein Werben um junge Zielgruppen.
Idan Hanin im Social-Media-Studio
ORF/HANS LEITNER
TV-Publikum ist im Schnitt 62 Jahre
Immerhin liegt das Durchschnittsalter bei der linearen ZIB1 laut Teletest bei beachtlichen 62 Jahren. Für Peter Plaikner ist es die größte Herausforderung für die Sendung, den Spagat zu schaffen, "einerseits das Publikum 60 plus in seinen Gewohnheiten nicht vor den Kopf zu stoßen und andererseits die Unter 20-jährigen vor allem mit der Marke Zeit im Bild oder ZIB vertraut zu machen."
Mehr Mut zu Experimenten wünscht sich hingegen der Kommunikationswissenschafter Josef Seethaler. Ihm macht der Blick auf die Altersstruktur Sorgen. Bericht, Meldung, Korrespondenten-Gespräch - dieses immer gleiche Format müsse man früher oder später aufbrechen, um relevant zu bleiben. Es brauche eine "radikale Verjüngungskur".
Tarek Leitner
ORF
Kein Rütteln an Doppelmoderation
An einem Charakteristikum – der Doppelmoderation - will Moderator Tarek Leitner jedenfalls nicht rütteln. Zuletzt hatte der ÖVP-nahe Stiftungsrat Gregor Schütze ja genau dort Sparpotenzial gesehen und gezweifelt, ob Moderations-Duos überhaupt noch zeitgemäß sind. Das würde den Markenkern nur schädigen und würde betriebswirtschaftlich keinen Sinn ergeben, kontert Leitner.
ZiB: Horst Friedrich Mayer, Ricarda Reinisch, 1991
ORF/THOMAS RAMSTORFER
Wachsam gegenüber Polit-Einfluss
Die ersten Jahre war die Berichterstattung in der "Zeit im Bild" fest in den Griffen der Parteipolitik. Fragen wurden vorab eingereicht, Berichte durch die Politik abgesegnet. Erst das Rundfunkgesetz 1966 brachte allmählich die Emanzipation. Heute schützt vor allem ein starkes Redaktionsstatut die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten im ORF.
Der Kampf gegen politischen Einfluss geht weiter, er äußert sich nur manchmal anders. Die Drohkulisse, den Geldhahn zuzudrehen, ist und bleibt vorhanden, auch mit der Haushaltsabgabe.
