ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
1959 - 2025
Der ORF trauert um Martin Bernhofer
Der ORF trauert um Martin Bernhofer, der vergangene Woche im 67. Lebensjahr verstorben ist. Bernhofer war seit 1985 für den ORF in den unterschiedlichsten Funktionen tätig. Von 2019 bis 2022 war er Chef des ORF-Informations-, Wissens- und Kulturradios Ö1.
16. Dezember 2025, 10:00
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann: "Wir verlieren mit Martin Bernhofer einen der profundesten und feinsinnigsten Radiomacher des ORF. Nur wenige Persönlichkeiten haben die Geschichte von Ö1 so wesentlich mitgeprägt, wie er. Der ORF ist Martin Bernhofer zu großem Dank verpflichtet und wird ihn stets in ehrendem Andenken bewahren!"
Im ORF seit 1985
Der 1959 in Salzburg geborene Martin Bernhofer studierte Hispanistik und Theaterwissenschaften und war in Theaterprojekten und als Dramaturg tätig. 1985 begann er als Redakteur in der Wissenschafts- und Bildungsredaktion des ORF-Hörfunks. Er gestaltete u. a. Sendungen in den Ö1-Reihen "Dimensionen", "Salzburger Nachstudio" und "Radiokolleg" und war als Moderator verschiedener Live-Sendungen tätig.
Der Zukunft verpflichtet
Im Jahr 1998 wurde er Producer der Senderreihe "Der Ö1 Essay", ab 1999 war Bernhofer auch Ressortleiter der Wissenschaftsredaktion für "Projektmanagement, Symposien, Programmentwicklung und -produktion" und damit zuständig für die inhaltliche Vorbereitung, Planung und Organisation der ORF-"Zukunftssymposien" und anderer Wissenschaftsveranstaltungen. Er war maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des ORF-Wissenschaftskanals science.ORF.at.
Ö1 Chef ab 2019
Bernhofer wurde 2002 Leiter der Hauptabteilung "Wissenschaft, Bildung, Gesellschaft" der ORF-Radios und für Ö1 Mitveranstalter der Alpbacher Technologiegespräche, der größten Plattform für Wissenschaft, Forschung und Technologie in Österreich im Rahmen des Europäischen Forums. Darüber hinaus wurde Martin Bernhofer 2019 zum Ö1 Chef bestellt.
Der promovierte Geisteswissenschaftler beschäftigte sich in mehreren Publikationen (u. a. "Fragen an das 21. Jahrhundert") mit neuen Entwicklungen in Wissenschaft, Technologie, Kultur und Gesellschaft. Im Rahmen von Lehraufträgen unterrichtete er Medienpädagogik und Wissenschaftskommunikation und wurde im Jahr 2000 mit dem Staatspreis für Wissenschaftspublizistik ausgezeichnet.
Martin Bernhofer vor dem Ö1 Club-Mobil
ORF/HANS LEITNER
Monika Eigensperger, ehemalige ORF-Radiodirektorin
Österreich verliert mit Martin Bernhofer einen der wichtigsten Wegbereiter des Wissenschafts- und Bildungsjournalismus. Martin war überzeugt davon, dass Menschen Wissen brauchen, um sich eine eigene, kritische Meinung bilden zu können. Als Leiter der Ö1 Abteilung "Wissenschaft, Bildung, Gesellschaft" setzte er sich mit großer Konsequenz und innerer Haltung für eine verständliche, fundierte Vermittlung von Wissenschaft ein - immer mit dem Ziel, gesellschaftlichen Dialog anzustoßen.
Mit science.ORF.at schuf er einen Ort der Orientierung - im Durcheinander von Studien, Fakten und vermeintlichen Wahrheiten. Dieses Anliegen war ihm Herzenssache. Als ich Martin 2019 zum Ö1 Chef bestellte, wusste ich, dass Ö1 bei ihm in besten Händen ist. Er stand für Qualität, Verlässlichkeit und für das klare Profil von Ö1 als einem der bedeutendsten Kultur- und Informationssender Europas.
Der Staatspreis für Wissenschaftspublizistik würdigte sein Wirken, doch wichtiger als Auszeichnungen war ihm immer die Sache selbst. Martin war ein neugieriger, sensibler und kluger Mensch, der nie aufgehört hat zu lernen - und der mit feinem Humor und großer Menschlichkeit viele von uns bereichert hat.
Danke, lieber Martin.
Peter Klein, ehemaliger Ö1 Chef
Sie passten gut zueinander, der feine Sender und der große, stets gut gekleidete Herr. Man fühlte sich repräsentiert, wenn Martin Bernhofer eine Veranstaltung eröffnete, einleitende Worte sprach oder für seine Anliegen warb. Er wurde nicht müde, sein Credo zu wiederholen: Aufklärung, Information, Wissenschaft und Bildung. Dazu braucht es Ressourcen, Budgets und Personal. Er war, wenn es um die Verteilung der Mittel ging, unnachgiebig - und als Verhandlungspartner gefürchtet. Es sei nicht, fand er, seine Aufgabe das ORF-Budget zu sanieren. Seine Aufgabe sei es, in einer zunehmend wild gewordenen Medienwelt Basisarbeit zu leisten. Viele Jahre hatte er mit Erfolg das Bildungs- und Wissenschaftsressort geleitet; als Ö1 Chef blieb ihm weit weniger Zeit um Spuren zu hinterlassen. Die Krankheit hatte sich seiner bemächtigt. Und es tut weh, einen Kompagnon, einen Mitstreiter, einen Freund zu verlieren. Am Schönsten war es, wenn alle Budgets und Personalfragen verhandelt waren, mit ihm über Reisen zu reden. Es war die Welt, die uns verband. So ließ sich manch anderes viel leichter ertragen.
Karl Petermichl, ehem. Technischer Leiter Hörfunk im Funkhaus Wien
Unvergesslich für mich sind die vielen gemeinsamen Sendungsaufnahmen im Studio, bei denen Martin auch abseits der ON AIR Moderationen mir als Techniker tiefe Einsichten in die jeweilige Materie vermittelt hatte. In diesem Sinne verdanke ich einen Teil meiner philosophischen und gesamtwissenschaftlichen Allgemeinbildung Martin Bernhofer, seinen Gesprächen, Diskursen und Denkanstößen, die dazu noch gepaart mit seinen überaus umsichtigen und höflichen Umgangsformen angeboten wurden.
Bernhard Fellinger, Ö1 Moderator
Nur weil man sich lange kennt, heißt das nicht, dass man jemandes Namen auch richtig aussprechen kann. Martins Nachname entspricht nicht der genormten Lautung. Denn die Kombination E-R wird normalerweise zu EA, also Beanhofer. Zu Beginn unserer Zusammenarbeit ( ER: Redakteur, ICH: Sprecher ) war der am öftesten benutzte Satz, den er an mich im Studio richtete: „Ich heiße Bernhofer, nicht Beanhofer“. Es hat meine Hirnwindungen nie erreicht. Später hat er gar nichts mehr gesagt, sondern nur mehr elegant die Gegensprechanlage zum Studio gedrückt. Diese kommentarlose Unterbrechung, verbunden mit einem ehrlich gemeinten Lächeln, hat mir seine falsche Lautung, die in seinem Namen richtig war, blitzartig in Erinnerung gerufen. Martin konnte nicht nur ehrlich gemeint lächeln, sondern auch höflich, manchmal - wenn keine Zeit für ein paar Sätze blieb oder er im Gespräch mit jemanden anderen war - dann konnte er auch nur mit seinen Augen lächeln. Sonst konnte er im Funkhaus noch sehr elegant Treppen hinauf- oder hinuntersteigen und mit seinem Charme Sitzungsverläufe überraschend beeinflussen. Als Ö1 Chef war er ein Vorgesetzter auf Augenhöhe, zollte jedem Respekt, spürte, wenn es verlangte zu handeln, war ausgleichend und gab jedem die Möglichkeit, mit erhobenem Kopf sein Büro verlassen zu können, auch wenn die Unterredungen vielleicht schwierig waren. Er war immer präsent und doch oft sehr still, so lenkte er auch Ö1 und seine Mitarbeiter. Er suchte - und das ist nicht unwesentlich für das Radio aber auch für ein gutes menschliches Miteinander - immer das Gespräch. Dafür sind wir ihm als Sender dankbar.
Gerald Heidegger, Ressortleiter Zeitgeschichte/Zeitgeschehen
Wenn ich an Martin Bernhofer denke, sehe ich einen stillen und stolzen Mann an einem Fenster vor mir. Fenster öffnen, die Welt hereinholen. Und sie ein Stück kleiner machen. Und anderen und sich dabei eine Freude machen, das war einer seiner vielen Antriebe. Martin wollte immer schon weiter und höher hinaus. Für die vielen Momente unterwegs, wollte er stolz sein, auf das, was gelungen ist. Meist erkannte man das an einem Lächeln, das über sein Gesicht lief, wenn etwas wirklich aufgegangen war. Und so ergaben sich in der Zeit, als science.ORF.at aus der Taufe gehoben wurde, kleine, magische Momente, in denen sich aber das Gefühl einstellte, die Welt sei tatsächlich ein Stück kleiner geworden. Als wir nach einem von Martin organisierten Zukunftsgespräch in der Nacht mit Robert Cailliau in Wien unterwegs waren, etwa. Da saß einer der Miterfinder des WWW und neben der Arbeit am CERN unterhielten wir uns über die Vorzüge des Wiener Milchrahmstrudels. Genau so muss die Welt sein, dachte ich mir damals und dankte Martin für diese großartige Begegnung, die er gestiftet hatte.
Als Science startete, war der Zug zum Utopischen bei den Chefs über uns groß. Mit Martin gelang aber eine Form von Pragmatismus, der das Große mit für die Reise einpackte. Eine fünfköpfige Wissenschaftsredaktion startete science.ORF.at - Umstände, von denen heute geträumt werden darf. Damals ging so eine Reise los. Martin zelebrierte seine Ideen gern still. Oder im sehr vertrauten Kreis. Mitunter ließ er sich aber auch zum Grenzgang hinreißen. Als wir bei einem kleinen privaten Fest im achten Bezirk fanden, jetzt wäre die Zeit, um zur Feier dieses neuen Projekts auf dem gedeckten Tisch zu tanzen, da war Martin nicht der erste, der zwischen all die Gläser auf das Tischtuch stieg. Am Ende sahen wir aber auch ihn mittanzen, das Glas in der Höh‘ - und ein Lächeln auf seinem Gesicht. Da war etwas gelungen.
Lukas Wieselberg, science.ORF.at
Entre nous: Martin Bernhofer war so fein wie sein Zwirn und so sonnig wie sein Teint. Er reiste gern und viel, seine Seele kam aus dem Süden. Als Flaneur der Wissenschaftskommunikation war er ein Ermöglicher. Vor über 25 Jahren ermöglichte er science.ORF.at. Die Idee war, online neben redaktionellen Stories aus der wunderbaren Welt der Wissenschaft auch solche direkt aus der Feder von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anzubieten. Vier Jahre vor Gründung von Facebook war das der Zeit voraus. Anton Zeilinger, Heidemarie Uhl, Konrad Paul Liessmann und viele andere waren so plötzlich science-„Personal“. Martin war äußerst belesen, im besseren Sinn elitär und im besten Sinn bürgerlich. Dialog auf Augenhöhe war beruflich wie privat sein Ziel, blieb aber nicht nur aufgrund seiner Körpergröße eine Herausforderung. Denn vieles versteckte er zwischen den Zeilen, auch seinen inneren Schelm. Gesprächexegese lohnte sich dementsprechend. Zum 15. Geburtstag von science.ORF.at versprach er uns eine große Feier mit leidenschaftlich Selbstgekochtem. Wir werden sie nun anderswo nachholen - entre nous.
Joseph Schimmer, Leiter Ö1 Online
Das Bild täuscht. Das Bild, das diesem Nachruf voransteht. Es zeigt Martin Bernhofer aus leicht erhöhter Perspektive - dabei mussten die meisten, schon aufgrund seiner schieren Körpergröße zu ihm aufschauen. Es stammt von Kollegin Ursula Hummel-Berger, die so viele Menschen, die Ö1 prägen, auf so wunderbare Weise eingefangen hat. So auch Martin Bernhofer in diesem flüchtigen Moment auf den Stiegen des Wiener Funkhauses; leger und gleichzeitig unaufdringlich elegant, mit wachen Augen und einem dezenten Lächeln, das wie so oft einer gewissen Verschmitztheit nicht entbehrte. Das Bild sagt auch hier mehr als tausend Worte. Kaum zu glauben, dass er nicht mehr ist.
