Menschenbilder

"Ein bissel ungern ist man eigentlich überall" - Egon Schwarz, Literaturwissenschafter und Autor. Gestaltung: Petra Herczeg und Rainer Rosenberg

"Ich bin zwar in Wien geboren, aber es war nicht das Wien der Legende. Gäbe es so etwas wie ein Mitbestimmungsrecht, so müsste hinzugefügt werden, dass der Zeitpunkt meiner Geburt schlecht gewählt war ...", schreibt Egon Schwarz, 1922 in Wien geboren, in seinen Erinnerungen "Unfreiwillige Wanderjahre. Auf der Flucht vor Hitler durch drei Kontinente".

Der Zeitpunkt war in der Tat "schlecht gewählt": Es war die Zeit der katastrophalen Wirtschaftslage, Egon Schwarz' Eltern versuchten sich durch unterschiedliche Geschäfte - von einem Schreibwarengeschäft über eine Molkerei und bis zur Herstellung von Unterwäsche - eine Existenz in Wien aufzubauen.

Egon Schwarz wuchs in einer Atmosphäre des anwachsenden Antisemitismus, mit der unerfüllten Sehnsucht nach Geborgenheit und der Bedrohung der jüdischen Existenz auf. Nach dem Anschluss im März 1938 gelingt der Familie Schwarz die Flucht aus Wien: über Bratislava, Prag und Frankreich gelangen sie nach Südamerika.

Egon Schwarz muss schnell erwachsen werden und schlägt sich allein als Wanderarbeiter durchs Leben. Er ist in Bolivien, Chile und Ecuador unterwegs, und egal als was er arbeitet, ob in einem Bergwerk als Nachtwächter, als Kürschner, Hausierer oder als Buchhalter einer Bananenfirma, er liest so viel er kann: Keine Art von Literatur ist vor ihm sicher, so dass er sich ein großes, vielfältiges Wissen anliest.

Schwarz gelingt, dass die Schulzeugnisse, die er aus Wien mitgebracht hat, anerkannt werden, er studiert deutsche und romanische Philologie. Wird später Professor an der Harvard University und danach der Washington University und hat Gastprofessuren an unterschiedlichen Universitäten inne.

Bis zu seiner Emeritierung ist er als Professor für deutsche Literatur an der Washington University in St. Louis, Ohio, tätig und ist einer der wichtigsten Vermittler deutschsprachiger Literatur in den USA.

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Buch-Tipps
Hofmannsthal und Calderon. 's-Gravenhage: Mouton 1962. (= Harvard Germanic Studies. 3.)
Hg. mit Matthias Wegner: Verbannung. Aufzeichnungen deutscher Schriftsteller im Exil. Hamburg: Wegner 1964.

Joseph von Eichendorff. New York: Twayne 1972.

Das verschluckte Schluchzen. Poesie und Politik bei Rainer Maria Rilke. Frankfurt/Main: Athenäum 1972.

Keine Zeit für Eichendorff. Chronik unfreiwilliger Wanderjahre. Königstein/Ts.: Athenäum 1979. ISBN 3-7610-8046-8. Neuausgabe: Mit einer Nachschrift 1991 und einem Essay von Hans-Albert Walter. Frankfurt/Main: Büchergilde Gutenberg 1992. (= Bibliothek Exilliteratur.) ISBN 3-7632-4059-4.

2. Neuausgabe unter dem Titel: Unfreiwillige Wanderjahre. Auf der Flucht vor Hitler durch drei Kontinente. Nachwort von Uwe Timm. München: Beck 2005. (= BsR. 1662.) ISBN: 3-406-52836-8. 2. Aufl., ebd. 2009. ISBN 978-3-406-58686-6.

Engl. Ausg.: Refuge. A chronicle of a flight from Hitler. Übers. v. Philip Boehm. Riverside, Calif.: Ariadne Press 2002. (= Studies in Austrian literature, culture, and thought. Biography, autobiography, memoirs series.) ISBN 1-57241-104-X.

Dichtung, Kritik, Geschichte. Essays zur Literatur 1900 - 1930. Vorwort v. Helmut Kreuzer. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1983. ISBN 3-525-20753-0.
Literatur aus vier Kulturen. Essays und Besprechungen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1987. ISBN 3-525-20765-4.

Ich bin kein Freund allgemeiner Urteile über ganze Völker. Essays über österreichische, deutsche und jüdische Kultur. Hg. v. Dietmar Goltschnigg u. Hartmut Steinecke). Berlin: Erich Schmidt 2000. (= Philologische Studien und Quellen. 163.) ISBN 3-503-04971-1.
Die japanische Mauer. Ungewöhnliche Reisegeschichten. Siegen: Böschen 2002. ISBN 3-932212-33-9.

(Mit) Schwarz lesen. Essays und Kurztexte zum Lesen und Gelesenen. Hrsg. von Jacqueline Vansant. Wien: Praesens 2009. ISBN 978-3-7069-0568-8.
Literatur Bearbeiten

Paul Michael Lützeler, Gerhild S. Williams u. Herbert Lehnert (Hg.): Zeitgenossenschaft. Zur deutschsprachigen Literatur im 20. Jahrhundert. Festschrift für Egon Schwarz zum 65. Geburtstag. Frankfurt/Main: Athenäum 1987. ISBN 3-610-08921-0. (Mit Bibliographie.)

Ursula Seeber u. Jacqueline Vansant (Hg.): Schwarz auf Weiß. Ein transatlantisches Würdigungsbuch für Egon Schwarz. Wien: Czernin 2007. ISBN 978-3-7076-0239-5.

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