Menschenbilder

"Von der Budapester Dissidentin zur Welt-Philosophin" - Die ungarische Denkerin Ágnes Heller. Gestaltung: Cornelius Hell

Bevor Ágnes Heller 1984 die Hannah-Arendt-Professur in New York erhielt, lehrte sie sechs Jahre in Melbourne. Dass sie ihre Heimat Ungarn verließ, war die Folge von Hausdurchsuchungen, Bespitzelung und Berufsverbot - sie hatte 1968 mit großem internationalem Echo gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer-Paktes in die Tschechoslowakei protestiert.

Davor hatte sie alle Höhen und Tiefen eines Intellektuellen-Lebens im Kommunismus kennengelernt: Als begabteste Schülerin des berühmten Philosophen Georg Lukács arbeitete sie bereits als 26-Jährige in der Ungarischern Akademie der Wissenschaften und war Chefredakteurin der wichtigsten philosophischen Zeitschrift.

Bald danach wurde sie aus der Partei ausgeschlossen und sogar von ehemaligen Freunden gemieden. Angst hatte sie dabei nie - dafür hatte sie schon als Jugendliche zu viel erlebt: 14 Jahre war sie alt, als ihr Vater nach Auschwitz deportiert wurde, und bald danach konnte sie dem Todesmarsch ungarischer Juden nur dadurch entkommen, dass sie mit ihrer Mutter geistesgegenwärtig auf eine vorbeifahrende Straßenbahn aufsprang.

Jahrelang konnte sie nicht an die Donau gehen - sie hatte dort in einer Reihe mit anderen Juden ihre Erschießung erwartet. Heute gilt die 81-Jährige als eine der bedeutendsten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts und wird weltweit zu Vorträgen eingeladen.

In diesem Jahr ist sie ganz in ihr trotz allem geliebtes Budapest zurückgekehrt. Am 28. August wurde die vielfache Preisträgerin in Weimar mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.

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