Gedanken für den Tag

"Migration und Religion" von Michael Bünker, evangelisch-lutherischer Bischof

"Geh aus deinem Vaterland und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will" (1 Mose 12, 1).

Wenn Menschen ihre Heimat verlassen haben, welche Bedeutung hat dann Religion für sie in der neuen Heimat? Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker spricht in den "Gedanken für den Tag" über den Glauben, der mitgeht und trägt, auch und gerade wenn sich Menschen mit den Herausforderungen und Veränderungen, die der Aufbruch in eine neue Heimat mit sich bringt, konfrontiert sehen.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Migration ist ein Aufreger. Zuwanderung ja oder nein, der Umgang mit Asylsuchenden, die Schubhaft und die Abschiebepraxis, die bewusst geschürte Angst vor dem Islam und die Suche nach einem Sündenbock, der an der dauernden Krise schuld sein soll. Hinter Migration versteckt sich ein ganzes Bündel an Problemen.
Dabei gehört doch Migration zu den meisten Familiengeschichten in unserem Land dazu. Mein Wiener Blut zum Beispiel setzt sich aus Schweizer Kirschwasser, polnischem Wodka, bosnischem Slivovitz und steirischem Kernöl zusammen - mit einem kräftigen Schuss Kärntner Zirbenschnaps.
Was für die Menschen ein Thema ist, ist es damit nicht zuletzt auch für die Kirchen: Traditionellerweise in der letzten Ferienwoche in Ostösterreich treffen sich evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer zu ihrer jährlichen Tagung. Heuer geht es um das Thema Migration. Es ist das Schwerpunktthema der evangelischen Kirchen in diesem Jahr.
Migration gehört auch zu den Wurzeln des christlichen Glaubens. Die ganze Bibel ist von A bis Z von Wanderungsgeschichten durchzogen. Am Anfang steht Abraham, der mit seiner Familie seine Heimat verlässt in ein Land, das Gott ihm zeigen will. Er nimmt dabei seinen Glauben mit und lebt ihn im fremden Land. Seine Religion hilft ihm, im Neuen heimisch zu werden.
Die Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen, sind vielfältig. Oft sind es wirtschaftliche Ursachen, oder die Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung, häufig die Zusammenführung von Familien und gar nicht selten ist es einfach die Liebe. Immer nehmen die Menschen etwas mit, ihre Kultur, ihre Sprache, ihre Traditionen und Bräuche, ihre Religion. In der ungewohnten neuen Umgebung sind das die Anker, die die eigene Identität sichern. Die Rolle der Religion ist dabei umstritten. Hilft sie dabei, heimisch zu werden? Oder isoliert sie in Parallelgesellschaften? Ist sie eine Gefahr oder eine Chance? Ich bin überzeugt, sie ist eine Chance, denn - wie es in der Bibel heißt - wer bei Gott daheim ist, kann mit ihm über Mauern springen.

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