Im Gespräch

"Wir brauchen ein neues universales Gerechtigkeitskonzept, das die Generationengerechtigkeit und die globale Gerechtigkeit mit einbezieht". Michael Kerbler spricht mit Univ.-Prof. Felix Ekardt, Soziologe und Philosoph
(Erstausstrahlung: 27. August 2009)

Zwei Fragestellungen beschreiben die beiden Seiten ein und derselben Münze, deren Währung Gerechtigkeit heißt. Erstens: "Kann die Demokratie den globalen Kapitalismus überleben?" und zweitens: "Wird die Demokratie in Zeiten der Globalisierung ungerecht?" Verschärft wurden beide Fragestellungen durch die giergetriebene Finanzkrise, die die Realwirtschaft ins Mark traf und Staaten in generationenüberdauernde Verschuldung trieb. Das Ausmaß der Krise hat eine entscheidende Ursache darin, dass Globalisierung fast ausschließlich in der Wirtschafts- und Finanzwelt stattgefunden hat.

In der Vergangenheit war der Kapitalismus innerhalb demokratischer Institutionen gepflegt und kontrolliert worden. Dieser Kontrolle hat sich der globalisierte Kapitalismus entwunden. Gleichzeitig haben die Nationalstaaten keine vergleichbare Entwicklung mitvollzogen. Dadurch ist ein grundlegendes Ungleichgewicht entstanden, das zu Lasten von Kernüberzeugungen der Demokratie geht. Denn parallel zur Globalisierung der Wirtschaft hat die alles durchdringende Privatisierungsideologie den Bürger auf die Privatperson reduziert und dabei außer Acht gelassen, dass uns erst die gemeinsame Teilhabe an Allgemeingütern zu Bürgern macht. Die Privatisierung von Allgemeingütern aber hat zur Folge, dass die reale Existenzgrundlage der Bürgerschaft schwindet.

Felix Ekardt ist deutscher Jurist, Philosoph und Soziologe. Ekardt setzt sich insbesondere mit der Theorie der Gerechtigkeit, mit der Theorie der Nachhaltigkeit, mit der Klimapolitik und mit Fragen der politischen Steuerung in der Weltgesellschaft auseinander. In all seinen Arbeiten taucht eine zentrale Fragestellung immer wieder auf. Wie kann die wichtigste Errungenschaft liberaler Demokratien - nämlich die Freiheit - bewahrt werden? Und: was muss unternommen werden, damit ein zweiter zentraler Wert der Demokratie verteidigt und erhalten bleibt - die Gerechtigkeit?

Service

Felix Ekardt, "Wird die Demokratie ungerecht?" - Politik in Zeiten der Globalisierung, C.H. Beck-Verlag, München (ISBN-13: 978-3406547997) und

Felix Ekardt, "Cool Down - 50 Irrtümer über unsere Klima-Zukunft", als Taschenbuch bei Herder

Claus Leggewie und Harald Welzer, "Das Ende der Welt, wie wir sie kannten - Klima, Zukunft und die Chancen der Demokratie", S. Fischer - Verlag, Frankfurt

Christian Felber, "Kooperation statt Konkurrenz. 10 Schritte aus der Krise", Deutike im Paul Zsolnay Verlag, Wien (ISBN 978-3-552-06111-8)

Ökosoziales Forum Österreich, Wien, "Eine Minute vor zwölf!". Ö1 Features: Visionäre im Gespräch mit Johannes Kaup und Michael Kerbler, Taschenbuch (ISBN 978-3-9501869-8-7)

Zygmunt Bauman, "Flüchtige Zeiten: Leben in der Ungewissheit", Hamburger Edition HIS (ISBN: 978-3-936096-92-7)

Luciano Canfora, "Eine kurze Geschichte der Demokratie. Von Athen bis zur Europäischen Union", aus dem Italienischen von Rita Seuß, PapyRossa Verlag, Köln (ISBN 978-3-89438-350-3)

Ralf Dahrendorf, "Die Krisen der Demokratie" von Ralf Dahrendorf, mit einem Gespräch, das Antonio Polito mit Ralf Dahrendorf geführt hat und das Rita Seuß ins Deutsche übertragen hat. Erschienen ist das Buch bei C.H. Beck, München. (ISBN 3-406-48750-5)

Michael Opoczynski, "DIE oder ICH. Wie wir uns gegen die Übergriffe von Staat und Wirtschaft wehren können", Droemer Verlag (ISBN 978-3-426-27467-5)

Avishai Margalit, "Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung", aus dem Amerikanischen von Gunnar Schmidt und Anne Vonderstein, Alexander Fest Verlag, Berlin (ISBN 3-8286-0018-2)

Wolfgang Engler, "Lüge als Prinzip. Aufrichtigkeit im Kapitalismus", Aufbau Verlag, Berlin (ISBN 978-3-351-02709-4)

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