Radiokolleg - Kredit

oder Wohin fließt der Mehrwert des Geldes? (1). Gestaltung: Martin Adel

Einer der Begründer liberaler Wirtschaftsdoktrinen, Benjamin Franklin, schrieb einmal: "Der Schlag deines Hammers, den dein Gläubiger um 5 Uhr morgens oder um 8 Uhr abends vernimmt, stellt ihn auf sechs Monate zufrieden; sieht er dich aber am Billardtisch oder hört er deine Stimme im Wirtshause, wenn du bei deiner Arbeit sein solltest, so lässt er dich am nächsten Morgen um die Zahlung mahnen, und fordert sein Geld, bevor du es zur Verfügung hast" (nach Max Weber: "Die protestantische Ethik I"). Das nimmt sich fast beglückend rational und vernünftig aus und findet auch noch seinen Nachhall in Adam Smiths "Wealth of Nations" (erschienen 1776). Der Eigennutz der privaten Gewerbetreibenden sollte sie am freien Markt beflügeln - zum Nutzen der Konsumenten! Aber da ging es noch - trotz des Titels "Wohlstand der Nationen" - um private Verschuldung bzw. Kredite. Und da gilt im Gegensatz zu Staatsschulden: Sein oder Nichtsein ist heute oft eine Frage von Haben oder Nichthaben.

Was ist nun aber der Unterschied zwischen Verschuldung und Kredit? Das Darlehen, das geliehene Geld, ist doch immer und ebenso sehr ein Vorschuss auf die Zukunft - und zumeist (außer es wird sofort und mit Absicht verspielt) auch eine Investition in und für die Zukunft. Und unser Wirtschaftssystem basiert nachgerade auf der Forderung, in die Zukunft zu investieren. Wo fängt das Problem an, dass aus Investition Verschuldung wird? Welche Gründe sind dafür verantwortlich? Private oder öffentliche Misswirtschaft? Die Funktionsweisen der Finanzmärkte, der Banken, der globalen und unzureichend kontrollierten Spekulationsgeschäfte? Vor allem aber: Wohin fließt nun der "Mehrwert" des Geldes?

Service

Walter Otto Ötsch: Mythos Markt. Marktradikale Propaganda und ökonomische Theorie, Verlag Metropolis

Walter, Ötsch, Katrin Hirte und Jürgen Nordmann (Hg.): Krise. Welche Krise? Zur Problematik aktueller Krisendebatten, Metropolis Verlag Marburg

Stephan Schulmeister: Die große Krise im im Kontext des "langen Zyklus" der Nachkriegszeit, In: Oberlechner, M., Hetfleisch, G. (Hrsg.), Integration, Rassismen und Weltwirtschaftskrise, Sociologica, Band 14, 2010, S. 1-34, Verlag Braumüller

Stephan Schulmeister: Mitten in der großen Krise. Ein "New Deal" für Europa, Wiener Vorlesungen, Edition Gesellschaftskritik, Picus-Verlag

Mooslechner, P., Redak, V., Schürz, M., Springler, E. (Hrsg.): Auf der Suche nach dem Selbst - Individuum, Finanzkrise und Gesellschaft, Verlag Marburg 2009

Claudia Honegger, Sighard Neckel und Chantal Magnin: Strukturierte
Verantwortungslosigkeit. Berichte aus der Bankenwelt, Verlag Suhrkamp 2010

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