Patina - Kostbares aus dem Archiv

"Zwischendurch Polgar". Eine kleine Hommage an den Herrn der Zwischentöne. Gestaltung: Roland Knie

Alfred Polgar, geboren 1873, gestorben 1955, gehört zu den bedeutendsten österreichischen Autoren des 20. Jahrhunderts - und muss sich doch immer noch, ein wenig gönnerhaft, einen "Meister der kleinen Form" nennen lassen. Selbstverständlich ist er das: aber zur Herablassung besteht nicht der geringste Anlass: Alfred Polgars nicht nur stilistisch feinst ziselierte, sondern auch mit hinterhältiger Akribie gearbeitete, philosophisch diskret unterfütterte Prosa ist von bedeutender innerer Größe, steht - z. B. auf dem geistigen Schlachtfeld der ersten Weltkriegszeit - mit ihrem unbeugsamen Humanimus und nachdrücklicher Überlebensklugheit fast ganz allein da auf der weithin deprimierenden Gesinnungsflur.

Und: Wären der Goldschmied oder der meisterliche Miniaturenmaler geringere Künstler als Großmaschinenbauer und Freskendekorateure? Man hat Alfred Polgar auch den "Marquis Prosa" genannt, und das mag ein bisschen preziös sein, markiert aber doch etwas Wesentliches der Polgar'schen Kunst: Die selbstverständliche Noblesse, die alles durchdringende Anständigkeit, mit der er einer eben diese Eigenschaften ganz und gar entbehrenden Welt zu Leibe rückt.

Alfred Polgar war unerreichbares, aber freundlich-hilfreiches Vorbild vieler Kritiker und Schriftsteller in seinem Umkreis. Nur Arthur Schnitzler konnte ihn anfangs nicht leiden (und lässt ihn in einem seiner Stücke sogar als herzlich unsympathischen Kerl auftreten). Aber auch Schnitzler hat dem Künstler und Humanisten schließlich respektvoll die Hand gereicht.

Service

Alfred Polgar, "Das große Lesebuch", Rowohlt Verlag, ISBN 3499238063

Alfred Polgar, "Handbuch des Kritikers", ISBN 3552048359

Alfred Polgar, Kleine Schriften, 6 Bände, Rowohlt 1984/2004

Ulrich Weinzierl, "Alfred Polgar", Löcker Verlag, ISBN 385409423

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