Gedanken für den Tag

von Christine Wiesmüller. "Nahrung für die Seele" - Mystik in der Literatur

Christine Wiesmüller ist Schriftstellerin.

Christine Wiesmüller versucht, anhand ausgewählter Werke der Weltliteratur einer Dimension jenseits des Alltäglichen nachzuspüren und meint, dass es angesichts des Zeitgeistes ein provokantes Unterfangen sei, Werke in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu rücken, die Gott als persönlichen Gott ansprechen.

Für sie selbst ist die Frage nach dem "tragenden Grund des Daseins" eine entscheidende Triebfeder ihres Schreibens, wie sie auch in ihrem Roman "Der Garten" zeigt. Karl Rahners ebenso provokanter Ausspruch "Der Christ des 21. Jahrhunderts wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein", zieht sich wie ein Leitmotiv durch diese Woche, die mit den Mystikerinnen von Helfta beginnt. Es folgen Werke von Droste Hülshoff, Le Fort, Joseph Roth und Dostojewski.

Christine Wiesmüller - Der Garten

Werke der Weltliteratur, die die Frage nach Gott im Dasein des Menschen mit Wahrhaftigkeit aufgreifen, standen in dieser Woche im Mittelpunkt dieser "Gedanken für den Tag". Genau diese Frage ist auch die zentrale Motivation meines eigenen Schreibens. Ich möchte speziell auf meinen ersten Roman, "Der Garten", der 2007 erschienen ist, eingehen. Hans, eine der Haupt-Figuren, ein bedeutender Maler, erklärt seiner Schwester Katharina was ihn antreibt, sein Leben, seinen Erfolg, seine Arbeit zu hinterfragen und eine ganz andere Daseinsform zu wählen, eine, die ihn dem Leben näher bringt. Er sagt: "Ich hörte zu arbeiten auf. Beinahe fluchtartig verließ ich meine Wohnung, die Stadt, . Getrieben irrte ich umher, von einem Ort zum anderen, ich konnte kaum mehr mit jemandem sprechen, es ging um Leben und Tod, bis die Stille mich umfing. - Endlich stellte ich mich der entscheidenden Frage, von deren Beantwortung alles abhing. Ist der Mensch 'verleiblichte Seele' oder 'bloße Natur'? Ist das Wort Fleisch geworden? Bin ich Geschöpf, bin ich selbst ein Gedanke Gottes? Ich konnte keine Antwort geben. 'Lächerlich', dachte ich, 'eine Krise'. Ich begann zu warten, zu schweigen." Die Fragen, die meine Figuren antreiben, sind: "Ist alles Seiende gerichtet? Steht Katharsis der Moderne entgegen?" Angesichts von Relativismus hinsichtlich des menschlichen Lebens entwerfen die Protagonisten meiner Romane eine "Gegenwelt" und formulieren ganz unerwartete Antworten und so sagt Hans gegen Ende des Werkes: "Das kontemplative Leben ist eine Antwort des Geistes auf die Geistlosigkeit."

Service

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Sendereihe

Playlist

Titel: Ansage "Gedanken für den Tag"
Länge: 00:10 min

Titel: GFT 110402 Gedanken für den Tag / Christine Wiesmüller
Länge: 02:40 min

Titel: Absage "Gedanken für den Tag"
Länge: 00:10 min

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