Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

Die Vermarktung der Gefühle - Emotionsarbeit im Berufsalltag. Gestaltung: Marlene Nowotny

Es existiert die Vorstellung, dass wir an unseren Gefühlen arbeiten können. Dass wir in der Lage sind, Emotionen zu gestalten, hervorzurufen oder zu unterdrücken. Diese Gefühlsregeln haben wir durch Sozialisation gelernt. So versuchen wir bei einer Hochzeit, erfreut zu sein und bei einer Beerdigung traurig zu erscheinen. Auch die angebrachte Stärke und Länge eines Gefühls sind gesellschaftlich vorgegeben.

Die Soziologie unterscheidet zwischen "Gefühlsarbeit" im Privaten, die Gebrauchswertcharakter hat, unsere privaten Beziehungen regelt, und Gefühlsarbeit am Arbeitsplatz (emotional labor), die Tauschwertcharakter hat, vom Unternehmen geregelt ist und marktförmige Beziehungen gestaltet. In der Arbeitswelt werden Gefühlsregeln nicht nur durch den sozialen Kontext vorgegeben. Wie wir uns emotional verhalten sollen, ist abhängig von betrieblichen Zielen und unterliegt somit der Profitmaximierung. Der Arbeitgeber kann also einen Gefühlsausdruck verlangen, der dem persönlichen Empfinden zuwiderläuft. Besonders im Dienstleistungsbereich und im Verkauf gehört diese "Gefühlsarbeit" zum Alltag.

Welche Belastungsfaktoren entstehen im Zuge von Emotionsarbeit am Arbeitsplatz? Werden die Kunden von Dienstleistungen immer misstrauischer, weil sie sich ein manipulatives Gefühlsmanagement bereits erwarten? Sind Frauen hier stärker betroffen, weil ihnen von vornherein eine größere Emotionalität unterstellt wird? Und sind wir wirklich in der Lage, unsere Grundtemperamente auszuschalten und unsere Gefühle zu kontrollieren?

Service

Daniela Rastetter: Zum Lächeln verpflichtet: Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich. Campus Verlag, 2008

Arlie Russel Hochschild (Übersetzung: Ernst von Kardorff): Das gekaufte Herz. Die Kommerzialisierung der Gefühle. Campus Verlag, 2006 (mit einem Vorwort von Sighard Neckel)

Eva Illouz (Übersetzung: Matthias Hartmann): Gefühle in Zeiten des Kapitalismus: Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2004. Suhrkamp Verlag, 2004

Sighard Neckel: Flucht nach vorn. Die Erfolgskultur der Marktgesellschaft. Campus Verlag, 2008

Hildegard-Maria Nickel et al.: Subjektivierung, Verunsicherung, Eigensinn: Auf der Suche nach Gestaltungspotenzialen für eine neue Arbeits- und Geschlechterpolitik, Edition Sigma, 2008

Sendereihe