Gedanken für den Tag

von Michael Krassnitzer. "Vom Ende der Unschuld" - zum 100. Geburtstag des Schriftstellers William Golding

Der britische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger William Golding wäre am 19. September 100 Jahre alt geworden. All seinen Werken ist ein pessimistischer Grundtenor eigen, dennoch handelt es sich um Allegorien auf grundlegende menschliche und gesellschaftliche Konflikte, reich an Anleihen aus der christlichen Symbolik und der Mythologie. Sein Hauptwerk "Herr der Fliegen" dreht sich um die Gegensätze von Zivilisation und Barbarei, Demokratie und Gewaltherrschaft, Individuum und Gruppe, Rationalität und Emotionalität - und ist ein Plädoyer für ethisches Handeln.

Über ein halbes Jahrhundert später hat dieses Werk nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt, ist Michael Krassnitzer überzeugt.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Heute vor 100 Jahren wurde der britische Schriftsteller William Golding geboren. Weltberühmt machte ihn sein erster Roman: "Herr der Fliegen", ein Buch, das bis heute den Nerv einer vor allem jugendlichen Leserschaft trifft. Auch wenn Golding oft der Vorwurf des Pessimismus gemacht wurde, so zeichnen sich seine Werke - auch "Herr der Fliegen" - durch ihre tiefe Spiritualität aus.

Der Gegensatz zwischen Glaube und Vernunft, der Dualismus von Gut und Böse, der Sündenfall, Schuld, Sühne und Erlösung - das sind Themen, die sich durch all seine 13 veröffentlichten Romane ziehen. In "Herr der Fliegen" tritt eine christusartige Erlöserfigur auf, in "Feuer der Finsternis" ein gefallener Engel. In "Pincher Martin" hadert ein gestrandeter Seemann mit Gott. In "Der Turm der Kathedrale" fühlt sich der Protagonist auserwählt, seinem Glauben ein wahnwitziges Baudenkmal zu setzen. Eine Story ohne spirituelle Tiefe sei es nicht wert, geschrieben zu werden. So formulierte Goldings Biograph John Carey das Credo des Schriftstellers, der 1983 den Literaturnobelpreis erhielt.

Golding bekannte sich immer wieder zu seinem Glauben an Gott. Selbstgerechtigkeit jedoch war ihm in diesem Zusammenhang ein Gräuel. "Zu glauben heißt nicht, dass man ein besserer Mensch ist", so brachte er diese Haltung auf den Punkt.

Als Mensch darf man nicht ignorant sein gegenüber der eigenen Natur, auch ihrer dunklen Seite. Dies bringt vielleicht einen Verlust von Unschuld mit sich, doch dem muss man sich stellen. Das lehrt das Werk von William Golding.

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Titel: GFT 110919 Gedanken für den Tag / Michael Krassnitzer
Länge: 03:48 min

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