Gedanken für den Tag
von Michael Krassnitzer. "Vom Ende der Unschuld" - zum 100. Geburtstag des Schriftstellers William Golding
21. September 2011, 06:56
Der britische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger William Golding wäre am 19. September 100 Jahre alt geworden. All seinen Werken ist ein pessimistischer Grundtenor eigen, dennoch handelt es sich um Allegorien auf grundlegende menschliche und gesellschaftliche Konflikte, reich an Anleihen aus der christlichen Symbolik und der Mythologie. Sein Hauptwerk "Herr der Fliegen" dreht sich um die Gegensätze von Zivilisation und Barbarei, Demokratie und Gewaltherrschaft, Individuum und Gruppe, Rationalität und Emotionalität - und ist ein Plädoyer für ethisches Handeln.
Über ein halbes Jahrhundert später hat dieses Werk nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt, ist Michael Krassnitzer überzeugt.
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.
William Goldings mit Abstand bekanntester Roman ist "Herr der Fliegen". Damit schuf der Schriftsteller, der dieser Tage 100 Jahre alt geworden wäre, ein Werk, das bis heute viele jugendliche Leser als Offenbarung erleben.
Eine Gruppe von Sechs- bis Zwölfjährigen sitzt nach einem Flugzeugunglück auf einer einsamen Insel fest. Sie wählen einen Anführer, geben sich Gesetze - kurz: Sie versuchen ein zivilisiertes Gesellschaftssystem aufzubauen. Doch der Versuch scheitert. Ein machtbesessener Junge macht sich zum Herrscher über die Insel und errichtet eine barbarische Diktatur. Die wenigen, die auf Vernunft und Demokratie setzen, werden schließlich wie Tiere gejagt und getötet.
Der Mensch ist von Natur aus schlecht und all seine Anstrengungen, das Böse in ihm zu zähmen, sind zum Scheitern verurteilt: Für viele ist das die Botschaft von "Herr der Fliegen".
Doch in dem Buch gibt es auch eine Erlösergestalt. Ein Bub namens Simon findet die beruhigende Wahrheit heraus über ein angebliches Untier, das die Kinder in Angst und Schrecken versetzt. Doch als er die frohe Botschaft überbringen will, wird er von den anderen getötet. Diese Geschichte kommt einem doch irgendwie bekannt vor. Mit dieser Christus-Metapher, so glaube ich, wollte Golding uns mitteilen, dass es trotz allem Hoffnung gibt.
"Hoffnung wohnt bei den Menschen als einzig tröstende Gottheit": Das sagte schon der griechische Philosoph Theognis von Megara. Durchaus möglich, dass William Golding, einem Kenner der antiken griechischen Literatur, dieses Zitat vertraut war.
Service
Wenn Sie diese Sendereihe kostenfrei als Podcast abonnieren möchten, kopieren Sie diesen Link (XML) in Ihren Podcatcher. Für iTunes verwenden Sie bitte diesen Link (iTunes).
Sendereihe
Playlist
Titel: GFT 110921 Gedanken für den Tag / Michael Krassnitzer
Länge: 03:45 min