Gedanken für den Tag

von Thomas Stipsits. "Franz von Assisi" - Rebell und Visionär

Wer war dieser Franz von Assisi, dessen Gedenktag am 4. Oktober begangen wird. Ein Visionär? Ein Querdenker? Oder gar so etwas wie der letzte große Rebell der christlichen Bewegung? Sein Leben, soweit dies überliefert ist, war geprägt von Mitgefühl, Mitmenschlichkeit und Verzicht. Kann Franz von Assisi heute noch ein Vorbild sein im Umgang mit Natur, Tier und Mensch? Hat der Begründer des Bettelordens der Franziskaner vielleicht als einziger Jesus von Nazareth und seine Botschaft wirklich verstanden? Und was hat er den Menschen heute noch zu sagen?

Der Versuch einer Annäherung an Franziskus von Thomas Stipsits, der ansonsten als Kabarettist und Schauspieler tätig ist .
Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer.

Ich wollte immer Religionspädagogik studieren, weil mich das Thema fasziniert. Vor allem zeitgenössische Leute wie der Theologe Adolf Holl haben es mir angetan. Aufgrund seines Buches "Jesus in schlechter Gesellschaft" habe ich begonnen, mich für die Rebellen im Christentum zu interessieren. Franz von Assisi scheint mir eine der schillerndsten Figuren in diesem Kontext zu sein. Ich frage mich oft, wenn er heute leben würde, wie würde er reagieren, oder besser gefragt: Wie viel Franziskus steckt in jedem von uns? Den Sinn des Lebens, glaube ich, kann man nicht finden, aber den Sinn für soziale Verpflichtungen schon. Die geistigen Gefahren des Wohlstands zu erkennen, die Liebe zu den Tieren erfahren, ein Mitgefühl für Menschen mitbringen. Ich weiß, das sagt sich leicht und klingt auch ziemlich edel, aber ohne Koketterie bin ich fest davon überzeugt, dass man diese Dinge erfahren kann, und zwar ganz tief drinnen. Die Freude über eine Blume, einen Sonnenstrahl, so banal das klingt, kann mehr wert sein als ein Fuhrpark voller Ferraris, weil diese Gefühle von Bestand sind. Da können wir nichts kontrollieren, darüber sind wir nicht Herr, was für ein schönes Gefühl, nicht Herr zu sein. "Vollkommenheit entsteht offensichtlich nicht dann, wenn man nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern wenn man nichts mehr wegnehmen kann", hat der französische Dichter Antoine de Saint-Exupéry einmal geschrieben. Was so einfach, fast banal klingt, ist aber tatsächlich gar nicht so einfach zu leben. Zumindest ab und zu einen kleinen Schritt versuche ich: Ich bemühe mich, zum Beispiel nicht gleich zu benoten, egal ob Gedanken, Handlungen und Menschen. Keine Note zu vergeben gibt mir manchmal ein Gefühl der Freiheit, so abstrakt dieser Begriff auch klingen mag! Ich stelle mir vor, dass Franziskus einmal bei mir in der Stube steht, mich anblickt und mich einfach sein lässt. Ich sage dann seit langer Zeit vielleicht wieder einmal ehrlich: Danke. Dann dreht er sich um, geht und blickt nicht zurück.

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Sendereihe

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Titel: GFT 111008 Gedanken für den Tag / Thomas Stipsits
Länge: 03:48 min

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