Betrifft: Geschichte
Die Hausmeier - Aufstieg von Gutsverwaltern zum Königsgeschlecht der Karolinger. Mit Thomas Ertl, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien. Gestaltung: Martin Adel
24. November 2011, 17:55
Unsere Bezeichnung "Meierei" und der französische "maire", der Bürgermeister, verweisen auf einen Zusammenhang von Gutshof und Verwaltung. Waren die Meier also ursprünglich - im frühesten Mittelalter - Gutsverwalter? Um welche Gutshöfe handelte es sich? Z. B. um eine weltliche Parallele zu den geistlichen Gütern, den großen alten Abteien der Benediktiner? Sind es Erb-Gutshöfe, private Besitzungen, die nicht ein Lehen darstellen? Können wir also von agrarischen Großbetrieben sprechen, die - vielleicht nicht nur im Frankenreich - ein neues Wirtschaftsmodell repräsentieren? Wer arbeitete auf diesen Gutshöfen?
Was die Frage nach dem Verhältnis zu anderen Siedlungsformen nach sich zieht. Und wie wird man nun Verwalter, und welcher sozialen Schicht gehören diese Verwalter an? Waren es von Anfang an Freie oder zumindest ursprünglich Unfreie, also Sklaven? Der alten "Krieger-Kaste" haben sie doch wohl nie angehört? Beginnt sich hier schon - mit einer schmalen Aufsteigerschicht - die soziale Rangordnung zu verschieben? Bedeutung und Einfluss der Meier nehmen jedenfalls zu. Gelingt es den Meiern - und wie? - von Gutsverwaltern zu Pächtern und schließlich selbst Gutsbesitzer zu werden? Weil die Primärversorgung vielleicht zuzeiten wichtiger war oder wird als das Kriegshandwerk? Wie verbindet sich das mit erblichen Privilegien?
Immerhin: Spätestens gegen Ende der Merowinger-Zeit waren Meier-Posten ausschließlich nur mehr der Aristokratie vorbehalten; die Hausmeier der Merowinger werden schließlich zu deren "Ministerpräsidenten", die den letzten Merowinger entthronen und sich selbst zu Königen machen - der Beginn der Dynastie der Karolinger! Und dass die Karolinger als ehemalige Hausmeier der Merowinger gleich den Job der Hausmeier abschaffen, ist eine begreifliche Schlusspointe und zugleich - vielleicht? - der Beginn eines neuen Kapitels in der europäischen Geschichte.
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