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"Meine liebe Hildicka!" Mutmaßungen über Hans Böhm. Von Peter Lachnit und Heike Possert

Mit einem blassblauen Seidenband zusammengebunden, waren sie in Hildes Nachlass gefunden worden: die Briefe, die der Wissenschafter Hans Böhm aus der Tschechoslowakei seiner früheren Doktorandin nach Wien geschickt hatte. 202 Stück sind es, geschrieben zwischen 1945 und 1952 - zwischen Kriegsende, Vertreibung der Sudetendeutschen und Etablierung der kommunistischen Herrschaft.

Anfangs sind die Briefe optimistisch: Böhm will mithelfen, die Tschechoslowakei neu aufzubauen; das sozialistische System möchte er, obwohl skeptisch, unterstützen. Er hat aber keine Chance. Obwohl er Nazi-Gegner gewesen war, darf er als Deutsch-Prager nicht mehr an die Uni zurück. Er, der mit mehreren Nobelpreisträgern zusammengearbeitet hat und nach dem sogar ein Mineral, das Böhmit, benannt worden war, wird in eine Fabrik in der Provinz abgeschoben.

Die Briefe an Hilde sind seine Verbindung zur Außenwelt. Sie lassen große Hoffnungen, falsche Entscheidungen und ein persönliches Scheitern erahnen. Mit den Jahren schreibt Böhm seltener, die Briefe werden resignativer. Hilde, seine ferne Liebe, sieht er nicht mehr wieder.

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