Salzburger Nachtstudio
In memoriam Horst Eberhard Richter. "Flüchten oder Standhalten". Gestaltung: Maria Mayer und Hans Spatzenegger
28. Dezember 2011, 21:00
Der Psychoanalytiker, Sozialphilosoph und Vordenker der deutschen Friedensbewegung ist tot. Horst Eberhard Richter ist am 19. Dezember im Alter von 88 Jahren im mittelhessischen Gießen gestorben. Zu seinem 75. Geburtstag im Jahr 1998 hat das "Salzburger Nachtstudio" ein Porträt des "Psychotherapeuten der Nation" (Zitat Johannes Rau) gebracht.
Der Mahner in der Tradition der Aufklärung machte sich als Pionier der psychoanalytischen Familienforschung und -therapie international einen Namen. Schon in den fünfziger Jahren erkannte Richter in der Zurichtung der Menschen durch den Nationalsozialismus die Ursachen psychischer Deformationen. Sein Buch " Eltern, Kind und Neurose" aus dem Jahr 1963 wurde zum Standardwerk der Erziehungswissenschaft. 1976 erschien der Klassiker "Flüchten oder Standhalten", in dem Richter fragt, wodurch der Mensch eingeschüchtert wird und wie er sich wehren kann.
Richter wirkte mit seinem zutiefst humanistischen Engagement über intellektuelle Zirkel hinaus in die breite Öffentlichkeit hinein und hat sich immer wieder politisch eingemischt, mit seinen pazifistischen Überzeugungen und seinen Gegenwartsdiagnosen. Die Organisation
"Ärzte gegen den Atomkrieg", die er mitbegründete, erhielt 1985 den Friedensnobelpreis.
Richter wurde 1923 als Sohn eines Ingenieurs in Berlin geboren und studierte dort, unterbrochen von militärischen Einsätzen, Medizin, Philosophie und Psychologie. Nach einer Zusatzausbildung zum Psychoanalytiker wurde er auf das neu geschaffene Zentrum für Psychosomatik an die Universität Gießen berufen, das er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1992 leitete. Bis 2002 leitete er dann das Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt.