Gedanken für den Tag

10. Jänner 2012, 06:56

Die Welt war aus den Fugen. In Europa wütete der Zweite Weltkrieg mit allen seinen Gräueln und die Autorin war mit ihrer Familie vor dem Naziterror nach England geflüchtet. Der Zufall hat sie in ein Kloster verschlagen, wo sie vier Jahre lang als Hilfslehrerin für Sport tätig war und als einzige Laiin unter Nonnen lebte. Ihre Erlebnisse und ihre Auseinandersetzung mit der Religion sind Thema des Buches "Der liebe Gott und die Großmama". Ihre Zweifel in dieser Zeit begleiten sie bis heute. "Ein Sonnenstrahl, der durch das Fenster der Kapelle fiel, verändert meine Sicht auf einen "lieben Gott" und ich wusste plötzlich ,"wieso alles, was sich in der Natur abspielte, unser Leben eingeschlossen, möglich war, ohne aus Gott einen grausamen Tyrannen zu machen. Das Wort 'lieb' als Bezeichnung für eine Eigenschaft Gottes kam mir plötzlich lächerlich vor. Gott war etwas ganz anderes, etwas, dem unsere Sprache gar nicht gerecht werden kann." Ein ganz alltägliches Naturereignis lässt sie Gott als "die Urkraft, die das Universum zusammenhielt" verstehen. Aber die Auseinandersetzung mit der Religion und vor allem mit der katholischen Kirche hat die Autorin nie aufgegeben.

Lebensspanne. Was bedeutet das Wort Lebensspanne? Wenn nichts Unvorhergesehenes eintritt, so sind das 70, 80 oder sogar 90 Jahre.

Das Faszinierende am Altwerden ist, dass man nicht weiß, wie es geschieht. Man weiß zum Beispiel nicht, wie das Altern der Zellen im Körper vor sich geht, welche sich erneuern und welche nicht. Jedenfalls macht das das Leben, sagen wir, nach dem siebzigsten Geburtstag ziemlich spannend. Wenn man sich zu dieser Zeit relativ wohl fühlt, scheinen Geburtstage wirklich nur da zu sein, um den Menschen ihre Sterblichkeit vor Augen zu führen.

Aber das Alter hat auch seine guten Seiten. Man beginnt die Zeit zu schätzen, bedauert, dass man früher so oft Zeit verschwendet hat und jetzt verschwendet man keine Zeit mehr. Jeder schöne Sonnenuntergang wird zu einem großen Erlebnis, auch wenn damit ein Tag zu Ende geht, ein Tag, der einen selbst dem Ende näher bringt.

Irgendwann also beginnen die meisten Menschen über dieses unausweichliche Ende nachzudenken. Und selbst die Gescheitesten unter jenen, die ich kenne, stellen sich die Frage: Glaubst Du, dass es NACHHER etwas gibt? Da wir das nie wissen werden, sage ich dann immer: Es gibt, wie bei den meisten ewig offenen Fragen immerhin eine 50-prozentige Chance, dass es etwas gibt, wenn wir auch nicht ahnen, in welcher Form das sein könnte. Jedoch ohne den Glauben an ein Leben im Jenseits ist für viele der Gedanke an den Tod etwas Schreckliches. Denn wozu hätte man dann gelebt?

Erst die Hoffnung auf Unsterblichkeit scheint dem Leben einen Sinn zu geben. Ich aber meine, dass alles, was Menschen im Leben tun, ein Stück Unsterblichkeit in sich trägt. Wer das weiß, muss in meinen Augen keine Angst mehr haben vor dem Tod. Er weiß, dass das Glück auf Erden zu finden ist und nicht erst in einem ungewissen Jenseits. Und das kann Menschen dabei helfen, ihr Leben hier und jetzt zu gestalten und zu genießen. Und das Alter? Das Alter ist ebenso wie die Jugend etwas, das man geschenkt bekommt und aus dem man selbst das Beste zu machen hat.

Service

Buch, Gertraude Portisch, "Der liebe Gott und die Großmama. Geschichte einer Rebellin", Edition Portisch
Buch, Getraude Portisch, "Irrwege. Escher. Adam", Edition Atelier
Buch, Gertraude Portisch, "Cassiel", Edition Atelier
Buch, Gertraude Portisch und Alfonso Madden, "Wer bist Du? Who are you?", Edition Roetzer
Buch, Gertraude Portisch und Alfonso Madden, "Nimm Dir die Zeit zum Freund", Edition Roetzer
Buch, Gertraude Portisch und Hugo Portisch, "Die Olive und wir", Verlag Ecowin
Buch, Traudi Reich, "Ich und Du", Residenzverlag
Buch, Traudi Reich, "Die Hunde von Benevento", Residenzverlag

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