Radiokolleg - Kastraten

28. März 2012, 09:45

Auch wenn es weit in die Vergangenheit zurück Kastraten-Sänger gab, die große Zeit dieser grausam erkauften Kunstform war jene der Spätrenaissance und des Frühbarock. Tausende vorpubertärer Knaben wurden jährlich - insbesondere in Italien - rekrutiert, um lediglich im Einzelfall hohe männliche Stimmen mit Höchstleistung zu erzielen. Man nahm in Kauf, dass ein hoher Prozentsatz der Jugendlichen, die diesem Eingriff unterzogen wurden, daran auch starben. Und das Überleben stellte bei weitem keine Garantie dafür dar, dass die Stimme dann zu strahlender Zukunft berechtigte. Die wenigsten wurden gefeierte Stars wie Senesino, Farinelli - oder Caffarello noch im 18. Jahrhundert.

Es waren besonders neapolitanische Konservatorien - ursprünglich bezeichnenderweise Institutionen, die sich um verwaiste, arme oder verstoßene Kinder kümmerten - von wo die weitverbreitete Praxis der stimmlichen "Spezialisierung" ausgegangen war. Besonders in Italien blühte das Geschäft, Kinder zumeist bitterarmer Leute über Eunuchenhändler zu erwerben, sie illegal und im Verborgenen zu kastrieren und schließlich für den "Gebrauch" stimmlich und liturgisch auszubilden.

Auch wenn Kastratenstimmen selbst noch im vorgerückten 19. Jahrhundert in den Opernhäusern bejubelt wurden, die Ära dieser Sänger "der drei Geschlechter" (wie sie Rossini genannt haben soll) ging zu Ende. Das endgültige Aus für diese "Förderung der stimmlichen Karriere" kam erst mit dem päpstlichen Verbot von 1903, Kastraten in Kirchenchören zu beschäftigen.

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