Gedanken für den Tag

"Die Wunden der Schöpfung heilen" - Das Vermächtnis der Wangari Maathai. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Vor kurzem ist das Vermächtnis der im September des Vorjahres verstorbenen Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai erschienen: Das Buch "Die Wunden der Schöfpung heilen".

Die Schauspielerin Andrea Jonasson liest daraus Texte, in denen sich Wangari Maathai, die einstige Umweltministerin von Kenia und Gründerin der "Green Belt"-Bewegung, für einen Heilungsprozess unseres Planeten und gegen die Entfremdung von Mensch und Natur ausspricht. Sie erinnert dabei an die alten Weisheiten spiritueller Traditionen, im Einklang mit der Natur zu leben und dem eigenen Leben einen Sinn zu geben.

Die Schauspielerin Andrea Jonasson spielt derzeit im Theater in der Josefstadt die Ella Rentheim in Henrik Ibsens Stück "John Gabriel Borkman". Doch im Gegensatz zu Ibsens düsterer Geschichte um den Finanzjongleur Borkman, sind die Texte Wangari Maathais geprägt von dem Glauben an die Fähigkeit der Menschen zu einer positiven Selbstermächtigung, so "dass sie tatsächlich schützen können, was Gott ihnen gegeben hat, und es nicht zu Holzkohle verwandeln müssen".

Selbstermächtigung ist ein wesentlicher Punkt, wenn der Kampf um die Heilung der Wunden der Erde und unserer eigenen Wunden Erfolg haben soll. Für zu viele Gläubige gehört es zum "Gutsein" dazu, dass sie ihr Leid passiv hinnehmen und auf eine Belohnung im Leben nach dem Tod hoffen. Eine bekannte buddhistische Geschichte erzählt von einem Mann, dessen Haus während einer großen Flut überschwemmt wird, so dass er ins Obergeschoss ausweichen muss. Als er aus dem Fenster schaut und zu Guanyin, der Göttin der Barmherzigkeit betet, kommt ein Mann in einem Boot vorbei. "Spring hinein", sagt dieser. "Nein, es geht schon", antwortet der Verehrer. "Guanyin wird mich retten." Der Mann rudert von dannen, und das Wasser steigt weiter, bis der Gläubige auf das Dach seines Hauses klettern muss. Als er noch einmal zu Guanyin betet, kommt ein weiterer Mann in einem Boot vorbei. "Warum steigst du nicht ein?", fragt dieser Mann. "Nein, danke", antwortet der Verehrer. Schließlich taucht ein Hubschrauber auf und es wird eine Leiter zu dem Mann heruntergelassen. "Streck deine Hand aus und komm herauf!", ruft ein Mann aus dem Hubschrauber heraus. Doch der Verehrer bleibt stur. Er ist so sicher, dass Guanyin ihn retten wird, dass er, nachdem er ertrunken und in die nächste Welt eingetreten ist, den Geistern Vorhaltungen macht, warum Guanyin ihn in der schweren Stunde vergessen habe. "Was meinst du mit ,vergessen'?", antwortet einer der Geister. "Hat sie dir nicht zwei Boote und einen Hubschrauber mit Menschen geschickt, die dich retten sollten?"

Es gibt mehr als nur eine Moral in dieser Geschichte: dass die göttliche Vorsehung in vielerlei Gestalt erscheinen kann; dass wir in der uns umgebenden Gemeinschaft selbst Beispiele für heilige Taten finden; dass wir nicht auf Wunder warten sollen, wenn vielleicht menschliche Fähigkeiten ausreichen.

Wie erfrischend und ermutigend wäre es, wenn man beim Betreten einer Kirche, Moschee oder eines anderen Gebetsraums von den Menschen erfahren würde, dass sie inspiriert wurden, ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern und dafür zu sorgen, dass die natürlichen Ressourcen verantwortungsvoll und gerecht verwendet werden! Und dass sie tatsächlich schützen können, was Gott ihnen gegeben hat, und es nicht zu Holzkohle verwandeln müssen!

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Titel: GFT 120623 Gedanken für den Tag / Andrea Jonasson
Länge: 03:49 min

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