Salzburger Nachtstudio

Jeder Zeit ihr Seelenleid?
Psychische Erkrankungen und gesellschaftlicher Wandel
Gestaltung: Sabrina Adlbrecht

Während der letzten Jahrzehnte haben psychische Erkrankungen, vor allem Depressionen, Angststörungen und Burnout deutlich zugenommen. In Österreich steigen Krankenstände wegen seelischer Leiden doppelt so stark an wie jene mit körperlichen Ursachen. Jede dritte Frühpensionierung geht mittlerweile auf psychische Diagnosen zurück und es werden immer mehr Psychopharmaka verschrieben. In der internationalen medizinischen Literatur gibt es derzeit keine Modelle, welche diese Entwicklung schlüssig erklären könnten. Häufig wird auf mögliche Zusammenhänge mit dem Wandel der Arbeitswelt oder auch der Gesellschaft insgesamt hingewiesen. Eine andere Vermutung ist, dass psychische Erkrankungen heute weniger schambehaftet sind als früher und diese auch besser diagnostiziert werden. Experten vermuten ein Zusammenspiel mehrerer dieser Faktoren. Ein Befund aus der Soziologie ist, dass Gesellschaften regelmäßig in bestimmten historischen Phasen charakteristische psychische Leiden zeigen, welche auch immer wieder zeittypische, gesellschaftliche Probleme widerspiegeln. Die Sendung geht der Frage nach, welche auffälligen Verschiebungen in psychopathologischen Störungsmustern es gegeben hat, ob Krankheitsbilder neu, vermehrt oder nur in anderem "Gewand" auftreten, wie sich der Umgang mit psychisch Kranken verändert hat und mit welchen Entwicklungen all das in Verbindung gebracht werden kann.

Service

Martin Altmeyer: Narzissmus und Objekt. Ein intersubjektives Verständnis der Selbstbezogenheit. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2. Auflage 2004.
E. Dietrich-Daum, H.J.W. Kuprian, S. Clementi, M. Heidegger, M. Ralser (Hg.): Psychiatrische Landschaften. Die Psychiatrie und ihre Patientinnen und Patienten im historischen Raum Tirol seit 1830. Innsbruck University Press, 2011.
Martin Dornes: Die Modernisierung der Seele. Kind - Familie - Gesellschaft. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2012.
Alain Ehrenberg: Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main, 2008.
Ders.: Das Unbehagen in der Gesellschaft. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main, 2011.
Eva Illouz: Die Errettung der modernen Seele. Therapien, Gefühle und die Kultur der Selbsthilfe. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009 (übersetzt von Michael Adrian).
Richard David Precht: Wer bin ich - und wenn ja wie viele? Eine philosophische Reise. Verlag Goldmann, München 2007.
Ralser, Michaela: Das Subjekt der Normalität. Wissensarchiv der Psychiatrie. Kulturen der Krankheit um 1900, Wilhelm-Fink-Verlag, München, 2010.
Christina von Braun: Nicht ich. Logik - Lüge - Libido, Verlag Neue Kritik, Frankfurt l985, 6. Auflage: Frühjahr 2000
Christina von Braun, Gabriele Dietze (Hg.): Die Multiple Persönlichkeit - Krankheit, Medium oder Metapher? Zu den geistesgeschichtlichen Hintergründen eines modernen Krankheitsbildes. Verlag Neue Kritik, Frankfurt 1999.
Gerd-Günter Voß: Lebensführung als Arbeit. Über die Autonomie der Person im Alltag der Gesellschaft. Verlag Enke, Stuttgart, 1991.
Ders.: Subjektivierung von Arbeit. 2. Aufl. R. Hampp Verlag, Mering 2003 (zusammen mit Manfred Moldaschl).
Ders.: Entgrenzung von Arbeit und Leben. Zum Wandel der Beziehung von Erwerbstätigkeit und Privatsphäre im Alltag. R. Hampp Verlag, Merin 2003 (zusammen mit Karin Gottschall).

Sendereihe