Zwischenruf

von Pfarrerin Ingrid Tschank (Gols, Bgld.)

Martin Luther war, wie allgemein bekannt ist, ein geselliger Mensch, der auf gutes Essen und Trinken viel gehalten hat. Seine "Vorliebe für das Fässchen Wein im Keller" (Prof. Dr. Horst Herrmann) ist beinahe sprichwörtlich geworden. Martin Luther konnte selbst Wein ernten, denn sein Haushalt umfasste einige hundert Weinstöcke in Wittenberg. Zu seiner Zeit war es üblich, den Wein mit Feigen und Melonen zu verfeinern um einen lieblich-schmackhaften Tropfen herzustellen. So machte es auch Luthers Frau Käthe.

Was Martin Luther überhaupt nicht gerne hatte, das war, wenn er irgendwo Wein serviert bekam, der ihm nicht schmeckte. Das war ihm eine Bemerkung in einem Brief an seine Frau wert. Aus Dessau schrieb er 1534: "Gestern hatte ich einen bösen Trunk gefasst. Ich dachte, wie guten Wein ... hab ich daheim, dazu eine schöne Frau ... Und du tätest wohl, dass du mir herüberschicktest den ganzen Keller voll meines Weins ..., sobald du kannst." Auch mit den Kellermeistern ging er scharf ins Gericht, wenn sie keinen guten Wein machten, denn im Rebensaft sah Luther eine "Gabe Gottes und Trost für die Menschen", die ihn genießen. Für den Alltagsgebrauch gab sich Luther mit einem lieblichen Weißwein aus eigenem Anbau zufrieden, für besondere Anlässe liebte er einen trockenen Roten.

Immer wieder ist für Luther der Wein ein Hinweis auf die Güte Gottes, als er einmal sehr guten Wein trank, sagte er: "Gott hat den Bauern so guten Wein gegeben", daher können wir "schließen, was er uns nach diesem Leben geben wird, wenn er uns schon hier auf Erden so große Gaben zugeteilt hat." Einen Krug Wittenbergisches Bier trank Luther ebenso, aber doch sagte er: "Der Wein ist gesegnet und in der Heiligen Schrift bezeugt, das Bier aber ist eine menschliche Erfindung."

Lebensfreude und Geselligkeit gehörten für Luther zu einem sinnvollen Leben, von Kostverächtung war er weit entfernt. Als er 1538 zu einer Hochzeit eingeladen wird, kostete er vor dem Beginn der Feier die Weine und sagte: "Man solle den Gästen einen guten Trunk geben, damit sie fröhlich werden; denn wie die Heilige Schrift sagt: Das Brot stärkt das Herz des Menschen, der Wein aber macht es froh."

Der Wein ist in Luthers Überzeugung viel mehr als ein Genussmittel, dass ihn andere für diese Einstellung tadelten wusste er, aber es störte ihn nicht besonders. Er glaubte fest daran, dass Gott ihm einen guten Trunk verzeiht, den er bisweilen zu seinen Ehren trinkt, wo er ihm doch viel schwerere Vergehen gnädig vergibt. "Gott gebe, die Welt lege es auch, wie sie wolle."

Für Luther ist Gott kein Gott der Strafe und der Rache, er ist ein "Gott der Freude, der Liebe und der Gnade". Das fand er beim Lesen in der Bibel heraus und brachte es in seiner Bibelübersetzung in deutscher Sprache unter das Volk. Er war überzeugt: Allein Christus, alleine der Glaube, allein die Gnade. Der Buchdruck hat seine Überzeugung in raschen Schritten in ganz Europa und in der ganzen Welt bekannt gemacht.

Die Freiheit eines Christenmenschen, von der Luther überzeugt war, bedeutete für ihn jedoch nicht, dass Menschen zügellos und egoistisch leben sollen. Vielmehr ging es ihm um das rechte Mass. Einem Christen ist alles erlaubt, das lehrt bereits das Neue Testament, wenn er es nur mäßig tue. Das gilt auch für Essen und Trinken. Ob nun aber Bier oder Wein, die Trunkenheit, die von ihnen ausgehen kann, war Luther ein Gräuel.

Als Professor der Theologie war Martin Luther ein gebildeter Mann, aber er war auch überzeugt, dass man dem Volk aufs Maul schauen muss. Wer will, dass die Menschen ihren christlichen Glauben verstehen, der muss in der Sprache des Volkes reden. So sind auch viele seiner berühmten Tischreden und Sprüche mit etwas derberen Äußerungen angefüllt, wie es eben zu seiner Zeit auch üblich war. Manche seiner Sprüche sind so berühmt, dass kaum jemand weiß, dass sie von ihm sind. Zum Beispiel: "Der Wein und die Frauen bringen manchen Jammer und Herzeleid, machen viele zu Narren und zu wahnsinnigen Leuten. "Wollen wir darum den Wein wegschütten und die Frauen von uns fern halten?" Luthers Antwort ist Nein.

Und der am meisten bekannte Spruch ist wohl der: "Wer nicht liebt, Wein Weib und Gesang, der bleibt ein Narr ein Leben lang." Zu diesem Ausspruch habe ich in einem Weingeschäft in Sydney eine sehr humorvolle Erweiterung und Veränderung gefunden: "Wenn Wein, Weib und Gesang eines Tages für dich zu viel werden, hör auf zu singen." Über diesen Spruch hätte Luther sicherlich herzlich gelacht!

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