Menschenbilder

11. November 2012, 14:05

Als er im Alter von 17 Jahren mit dem Schiff in New York ankam, hat er seine Lederhose getragen.

"Was sonst?", fragt der 89-jährige Hans Weiss. "Ich war und bin Österreicher." Wobei er sich noch mehr als "Wiener" versteht, der in New York Wienerlieder hört, Apfelstrudel isst und österreichische Literatur liest.

"Ich würde gern wieder in Wien leben", sagt Hans Weiss, "aber meine Frau ist krank - wir werden wohl in Amerika bleiben."

"HEIM.AT.HOME. Vertrieben und angekommen. Jüdisches Leben in New York" heißt ein Band mit zehn Porträts, der kürzlich im Wiener Metroverlag erschienen ist. Auf dem Cover sieht man einen Mann mit grauen Haaren und Brille - er zeigt dem Fotografen, und damit auch dem Betrachter des Buches, die Zunge. Der Mann ist Hans Weiss, den Freunde "Hawei" nennen.

In Wien, in der Gentzgasse und in der Postgasse, ist Hans Weiss aufgewachsen. Als er zwölf Jahre alt ist verliert er seinen Vater. Am 1. Dezember 1938 - Hans ist sechzehn - wird die Mutter von Nationalsozialisten verhaftet und für sechs Wochen in die Rossauer Kaserne gesperrt. Die Mutter kann danach mit ihrem Sohn zunächst nach Italien, dann nach Frankreich flüchten.

An seinem 17. Geburstag kommen sie mit dem Schiff in Amerika an. Hans Weiss arbeitet als Schneider, die ersten Jahre in Amerika sind schwierig. Hans Weiss begründet - mit Freunden - einen Klub. Die "Austria-American-Youth" wird zu einer Art Ersatzfamilie in der Fremde.

Der Kontakt zu Österreich ist nie ganz abgerissen, jedes Jahr kehrt Hans Weiss - für ein paar Tage - in seine alte Heimat zurück.

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