Im Gespräch
"Ohne Erinnerung keine Identität". Michael Kerbler spricht mit Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie d. bildenden Künste
17. Jänner 2013, 21:00
Die Geschichte ist voller Beispiele, die belegen, dass Erzählungen, Ereignisse, Begebenheiten, die von Gruppen, Kollektiven, ja von einer ganzen Bevölkerung "erinnert" werden, mit der historischen Faktenlage kaum deckungsgleich sind. Ideologisch oder religiös motivierte Mythenbildung, machtgetriebene Uminterpretation von Ereignissen, ja vorsätzlich betriebene Geschichtsfälschung liefern das Material für ein Geschichtsbild, das Vorurteile, Hass und Feindbilder hervorbringt und im Alltag Klischeebilder festigt. Und damit - gemessen an der Faktenlage - zu einer "falschen Identität" führt. Auch Geschichte, die individuell erinnert wird, unterscheidet sich oftmals von den historischen Ereignissen, ja steht diesen manchmal diametral entgegen. Diese Erinnerungen sind durch Ideologien aller Art überlagert und konstruieren sich aus den biographischen Umständen und Bedingtheiten. Demgegenüber steht ein staatlich vermitteltes Geschichtsbild, welches vor allem in den Schulen und durch Medien vermittelt wird. Diese Geschichtsbilder kombiniert mit der subjektiven Wahrnehmung, die nur selten die Ergebnisse der geschichtswissenschaftlichen Forschung berücksichtigten, führen immer wieder zu einer Perpetuierung von Klischees vom Anderen, vom Fremden.
Im Gespräch mit der Historikern Eva Blimlinger, die das umfangreichste NS-Zeit-Aufarbeitungsprojekt der Republik Österreich koordinierte, geht es um die Kultur der Erinnerung, um das "Wie" des Erinnerns und die Bedeutung von Erinnerung. Was können Kunst und Kultur in diesem Zusammenhang leisten? Welche Rahmenbedingungen muss die Wissenschaft - etwa die Zeitgeschichtsforschung - vorfinden, um Geschichtsbilder zu verändern? Denn erst dann können die Voraussetzungen geschaffen werden, die Einsichten ermöglichen um neue Identitäten zu entwickeln.
Das Gespräch von Michael Kerbler mit Rektorin Eva Blimlinger findet auf Einladung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt am 16. Jänner 2013 um 19:00 Uhr im Stiftungssaal der Universität statt. Der Eintritt zu den Vorlesungen ist frei - es wird um Anmeldung ersucht (Telefon: 0463/228822-0 oder Fax 0463/228822-10)