Gedanken für den Tag

Von Julya Rabinowich. "Vaterbild, Trauerweg und Neuanfang" - Der Blick zurück, der Blick nach vorn in Kunst und Leben. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

Die Angst vor dem Verschwinden, vor der Trennung von jenen, die wir lieben, ist eine sehr heftige, eine große. Wir sind so verletzlich in unserer Bedürftigkeit, geliebte Menschen um uns zu haben, verletzlich in unserem Schmerz, wenn wir loslassen müssen, und loslassen müssen wir alle irgendwann: so oder so. Irgendetwas soll erhalten bleiben, ein Bild, ein Ton, ein Rest, ein Hauch, ein Schatten. Denkmäler, Porträts, pompöse Gruften: alles ein Versuch, dem Fortschreiten der Zeit, dem Verblassen der Erinnerung etwas entgegen setzen zu können. Ich versteige mich sogar soweit, zu sagen, dass nicht nur Religion, sondern auch Kunst ein Lösungsvorschlag ist, mit der Endlichkeit aller Lebewesen umgehen zu lernen. Die Zeit anzuhalten. Magisches Denken, in Kunstwerke gebannt. Ein Aspekt dieses magischen Denkens: Was einem fehlt, das bildet man nach: säkulare und religiöse Kunstwerke drücken die gleiche Sehnsucht aus. Ein anderer Aspekt: wovor man sich fürchtet, das bannt man, bindet man, glaubt man unter Kontrolle zu behalten im Schöpfungsprozess. Die Kunst spiegelt, tröstet, rüttelt auf. Hilft uns, zu erkennen. Sogar noch dann, wenn der Künstler selbst dabei nicht immer bewusst diesen Prozess lenken kann. Neben der analytisch durchdachten, kristallscharf geplanten Art gibt es da noch die blind tastende, die intuitive, eine Wanderung, von der man am Anfang nicht weiß, wo sie einen hinführt.

Mein Vater war einer dieser intuitiv arbeitenden Künstler gewesen, die Gefühl mit Handwerk zu kombinieren wussten. Kunst und Tod sind beides Aspekte meiner Vorbereitung einer Retrospektive meines Vaters, der am Eröffnungstag, dem 27.2.2013, 75 Jahre alt geworden wäre. So schmerzlich das Auswählen der Werke für mich gewesen ist, so groß ist die Genugtuung, seine Arbeit wieder in die Öffentlichkeit getragen zu haben. Kunst wider das Vergessen. Ganz privat diesmal.

Service

Ausstellung, "meeting jedermann: rabinovich revisited", 28.2. - 26.5.2013, Jüdisches Museum Wien, 1010 Wien, Dorotheergasse 11

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Bearbeiter/Bearbeiterin: Alexander Siloti /Transkription/1863 - 1945
Album: BACH: KLAVIERTRANSKRIPTIONEN VOL.5 - RUSSISCHE BEARBEITUNGEN
Titel: Adagio in c-moll - 2.Satz der Sonate für Violine und Klavier in f-moll BWV 1018 / Transkription für Klavier solo
Solist/Solistin: Hamish Milne /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: Hyperion CDA67506

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