Radiokolleg - Spürhunde mit Biss

Neue Wege im investigativen Journalismus (3). Gestaltung: Tanja Malle

Ob, die Watergate-Affäre, die 1974 den damaligen US-Präsidenten, den Republikaner Richard Nixon zum Rücktritt zwang, oder der Folterskandal um das US-amerikanische Abu-Ghuraib-Gefängnis im Irak in den Jahren 2004/2006: Journalismus mit Biss kann mannigfache politische und gesellschaftliche Folgen haben, Journalistinnen und Journalisten bezeichnen sich daher gerne als vierte Macht im Staat, die Kommunikationswissenschaften sehen das ähnlich. Denn Presse, Rundfunk und diverse Online-Plattformen sollten neben Legislative, Exekutive und Justiz das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Geschehen kontrollieren. Polit-Affären, Wirtschafts-Skandale und Menschenrechts-Verletzungen würden so aufgeklärt und der informierten Öffentlichkeit damit Wahlentscheidungen erleichtert werden - soweit die Idealversion.

In Wirklichkeit sieht die Sache etwas anderes aus: Nicht nur das Beispiel Österreich zeigt, dass sich die Politik über Zeitungsinserate wohlwollende Berichterstattung kaufen kann bzw. den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mithilfe entsprechender Gesetze an der Leine zu halten vermag. Dazu kommt der zunehmende wirtschaftliche Druck, der bedingt, dass sich Medien intensive Recherche-Projekte nicht mehr leisten können oder wollen.

Weltweites Schlusslicht ist Österreich in Sachen Informationsfreiheitsgesetzgebung. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Centre for Law and Democracy, das anhand von mehreren Dutzend Kriterien zu dem Schluss kommt, dass es in Österreich mit dem Recht auf Information nicht weit her ist. Erstens haben sowohl Bürger, als auch Journalisten nur selten das Recht, offizielle Dokumente einzusehen, zweitens gibt es kaum Zugang zu öffentlichen Daten und drittens ist in der österreichischen Verfassung die Amtsverschwiegenheit verankert. Nachbarland Slowenien belegt im Ranking übrigens Platz 2: Eine unabhängige Informationsbeauftragte und entsprechende Informationsfreiheitsgesetze haben Journalisten zuletzt ermöglicht, aufzudecken, dass Ministerpräsident Janez Jansa in den 1990er Jahren Waffenexporte auf den Balkan organisiert und von diesen profitiert hat.

Zu wie viel investigativer Journalismus in der Lage ist, zeigt der Blick auf diverse Länder. In den USA macht die Online-Plattform ProPublica Furore. Vor wenigen Jahren haben sich dort einige der besten und bekanntesten investigativen Journalisten des Landes zusammengefunden. Sie stellen die Ergebnisse ihrer Recherchen anderen Medien, beispielsweise der New York Times oder der Washington Post, gratis zur Verfügung. In mehreren südosteuropäischen Ländern gibt es ähnlich erfolgreiche Initiativen. Allen ist gemein, dass sie mithilfe von Informationsfreiheitsgesetzen Zugang zu offiziellen Dokumenten und Datensätzen haben, bzw. diesen einklagen können. Vor allem die elektronischen Datenberge, die von Behörden und staatlichen Institutionen gesammelt werden, erweisen sich in Zeiten des Internet als wahre Goldgrube für Journalisten mit Biss.

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