Gedanken für den Tag

Von Barbara Glück. "Leben/Überleben". Gestaltung: Alexandra Mantler

Wenn die KZ-Gedenkstätte Mauthausen am kommenden Sonntag zwei neue Ausstellungen und einen neuen Gedenkraum präsentiert, dann ist dies überhaupt erst möglich geworden, durch die Bereitschaft von zahllosen Institutionen und Einzelpersonen, uns Dokumente und Objekte zur Verfügung zu stellen - Aufzeichnungen wie das Tagebuch von Michael Kraus.

Am 5. Mai 1945 ist Michael Kraus 15 Jahre alt.

Michael Kraus wird am 28. Juni 1930 in Trutnov als einziges Kind von Karel und Lotte Kraus geboren. Am 17. Dezember 1942 wird die Familie ins Ghetto Theresienstadt deportiert und ein Jahr später ins Familienlager nach Auschwitz-Birkenau. Michaels Vater Karel wird dort im Juli 1944 ermordet. Michaels Mutter wird im selben Monat als Zwangsarbeiterin ins KZ Stutthof deportiert wo sie am 8. Januar 1945 stirbt. Zehn Tage später wird Michael Kraus aus Auschwitz-Birkenau nach Mauthausen evakuiert und später ins Außenlager Melk. Nach der Auflösung des Außenlagers Melk muss er einen mehrtägigen Fußmarsch in das Auffanglager Gunskirchen durchstehen, wo er am 5. Mai 1945 von U.S.-Soldaten befreit wird. Über Wiener Neustadt, Bratislava und Prag kommt er in seine Heimat zurück, wo er das Gymnasium weiterführt und seine Erfahrungen von 1942 bis 1945 in einem Tagebuch niederschreibt, wo es sinngemäß heißt:

"Nach der Befreiung schlugen wir uns nach Linz durch. Dort sagte man uns, wir könnten höchsten kurz bleiben. Dann weiter, in unser Heimatland. War meine Mutter noch am Leben - wer von uns jungen Tschechen hatte überhaupt überlebt? Zehn? Es waren unfassbar wenige. Tausende waren irgendwie am Weg nach Hause. Hitler, Du hast die Welt verstört und auf den Kopf gestellt. Und sie waren die mageren Überreste - Menschen, die durchgehalten haben, Menschen, die nicht vergessen dürfen."

Heute leben Michael und seine Frau Ilana mit ihrer Familie in den USA. Michael kommt oft und gerne nach Europa und besucht seine Heimat. Er führt Tagebuch bis heute.

Sein Tagebuch wird ab kommenden Sonntag in der neuen Dauerausstellung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen zu sehen sein. Persönlich habe ich große Hochachtung vor Menschen wie Michael Kraus, die sich mit ihren Erinnerungen bis heute in der Vermittlungsarbeit engagieren, um uns, der jungen Generation, einerseits vom Leid zu erzählen und andererseits Hoffnung für die Zukunft zu geben.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Alexander Scriabin/1872 - 1915
Album: HOROWITZ RECITAL
Titel: Etüde für Klavier in cis-moll op.2 Nr.1
Solist/Solistin: Vladimir Horowitz /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: CBS MYK 42534

weiteren Inhalt einblenden