Gedanken für den Tag
Von Arnold Mettnitzer. Hungerlieder zwischen Brot und Wein - Zum 40. Todestag von Christine Lavant. Gestaltung: Alexandra Mantler
29. Mai 2013, 06:56
Arnold Mettnitzer ist katholischer Theologe und Psychotherapeut:
In ihren Gedichten hat sie die ganze Welt samt Himmel und Hölle durchwandert.
In ihrem Leben hat Christine Lavant ihr Tal nicht verlassen und den Dialekt ihrer Umgebung gesprochen.
"Darf ihn nicht aufgeben", sagt sie, "sonst geschieht mir ein Schaden, wirklich!"
Ihr einzig verlässlicher Rückhalt scheint zeitlebens
die Liebe zur nächsten Umgebung im Schutz des Dorfes
und seiner Menschen am Lavant-fluss zu sein.
Ihr Herz aber bleibt weit. Ihre feine, zärtliche Wahrnehmungsfähigkeit
kommt aus einem scharfen Verstand und aus ihrer immensen Belesenheit.
Einer ihrer Lieblingsautoren, den sie im Rucksack durchs Lavanttal trägt,
ist Rainer Maria Rilke.
Er spricht gegen jede Psychotherapie die Warnung aus,
dass man Dichtern erst recht die "Engel" austreibe,
wenn man ihnen die "Teufel" nehme.
Diese künstlerische Verteidigung der Krankheit weiß darum,
dass man die "süße Melancholie" der Krankheit "melken" kann.
Diese Melancholie, die wir heute "Depression" nennen,
kann Christine Lavant noch "melken".
Der bloße Misanthrop oder Hypochonder
kommt über die Grenze seines "An-sich-selber-Leidens" nicht hinaus.
Sie aber hat ihr Leiden in die Wortbilder ihrer großen Lyrik umzusetzen vermocht.
In der Weite ihres Herzens gelten ihr so verschiedenste Geistesströmungen
wie etwa die Reinkarnationslehre oder die Philosophie Rudolf Steiners gleich viel.
Überall findet sie für sich stimmige Elemente.
Tief beeindruckt erzählt sie von ihrer einzigen Auslandsreise nach Istanbul
und den Eigenarten der muslimischen Welt.
Wohl daraus erklärt sich das orientalische Szenario in einigen ihrer Gedichte,
vor allem aber in ihrer Erzählung "Barúscha".
Entstanden sind diese jedoch alle vor der Reise
und aus Träumen glaubte die Dichterin zu wissen,
selbst türkische Vorfahren gehabt zu haben.
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Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Joseph Haydn
Titel: Konzert für Klavier und Streichorchester in C-Dur Hob.XVIII/10
* Adagio - 2.Satz (00:02:52)
Klavierkonzert
Orchester: Wiener Kammerorchester
Leitung: Philippe Entremont
Solist/Solistin: Philippe Entremont /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: Teldec 843480