Gedanken für den Tag

Von Michael Bünker, Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich. "Aus dem Leben eines Erzengels". Gestaltung: Alexandra Mantler

Michael wird in der Bibel erwähnt, gemeinsam mit Gabriel, den Cherubim und Seraphim und vielen anderen, meist namenlosen Engeln. Im Judentum, im Christentum und im Islam ist die Engelvorstellung verbreitet, ebenso wie in anderen Religionen. Im Christentum gibt es zwei Tendenzen: eine zurückhaltende und eine spekulative. Die Zurückhaltung wird darin ersichtlich, dass in keinem christlichen Glaubensbekenntnis ein Glauben an die Engel verlangt wird, sie werden nicht im Gebet angerufen und eigens verehrt, denn sie sind Geschöpfe wie die anderen Geschöpfe auch. Gleichzeitig gab man immer wieder der Versuchung nach, mehr über sie auf dem Wege der Spekulation zu erfahren.

Um das Jahr 500 schreibt ein Gelehrter unter dem Künstlernamen Dionysius Areopagita eine Darstellung der himmlischen Hierarchie, in der er versuchte Ordnung in das Durcheinander der Engel zu bringen. Thomas von Aquin entfaltete später eine detaillierte Lehre von den Engeln, die mehr auf philosophischen Überlegungen als auf dem biblischen Zeugnis beruht. Die Reformatoren lehnten all diese Spekulationen ab und bezogen sich wieder konsequent auf die Bibel. Die Engel sind Gottes dienstbare Geister, so der Genfer Reformator Johannes Calvin, sie sind "Verwalter und Diener der göttlichen Güte uns gegenüber". In der Aufklärungszeit gerieten die Engel generell in Misskredit. Den Himmel - so meinte Heinrich Heine - überlasse ich getrost den Engeln und den Spatzen und Georg Christoph Lichtenberg warnte einmal: Wer bei einem Engel nur auf die Flügel schaut, der könnte eine Gans nach Hause bringen.

Heute erleben die Engel eine unerwartete Renaissance. Unabhängig von der Last jeder religiösen Tradition spielen sie eine Rolle als Energiequellen, als persönliche Begleiter, als die Engel "in uns". Auch wenn das oft nur wenig bis nichts mit der christlichen Engelsvorstellung zu tun hat, der offenkundige Bedarf nach Schutz und Begleitung, der sich hier ausdrückt, der muss ernst genommen werden, denn er ist ein Symptom für die geistige und spirituelle Situation der heutigen Zeit.

Aber vielleicht ist Jürgen Ceplak ein würdiger Nachfolger des Dionysius Areopagita? Jürgen Ceplak lebt in einer Einrichtung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen der Diakonie de la Tour in Kärnten. Und seine Leidenschaft ist das Schreiben. In seinem Text "Die Engel" zählt er alle auf, die ihm einfallen: Die Botenengel, die Musikengel, die Kochengel, die beim Kochen helfen, die Traum- und die Schutzengel und noch andere. Und als letzte in der Reihe erwähnt er die "Gaudiengel". "Gaudiengel machen laute Jauchzer und Jodler, sie erzählen Witze und halten lustige Gespräche." Und alle fasst er zusammen mit dem Satz: "Die Engel sind für dich da."

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Friedrich Händel/1685 - 1759
Titel: Konzert für Oboe und Streicher Nr.3 (alte Nr.2) in B-Dur HWV 302a
* Allegro - 4.Satz (00:01:40)
Orchester: The English Concert
Leitung: Trevor Pinnock
Ausführender/Ausführende: David Reichenberg /Oboe
Ausführender/Ausführende: Simon Standage /Violine
Ausführender/Ausführende: Micaela Comberti /Violine
Ausführender/Ausführende: Anthony Pleeth /Violoncello
Ausführender/Ausführende: Trevor Pinnock /Cembalo
Länge: 02:00 min
Label: DG 4152912

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