Gedanken für den Tag

11. Dezember 2013, 06:56

Am Ende der Vorurteile angekommen

Wenige Wochen nach der Nationalratswahl reiste ich nach Nepal. Zuvor hatte ich mich im Reiseführer und auf Wikipedia ein wenig vorbereitet. Mit dem Bild eines unendlich rückständigen Landes im Kopf, lande ich am Fuße des Himalaya Gebirges. Bereits am Flughafen in Katmandu und dann auf dem Weg durch die Stadt ist es zu spüren: Hier ist Wahlkampf. Plakate überall. Beim ersten Frühstück lese ich die englischsprachige Zeitung "Katmandu Post". Der Frauenanteil im Parlament wird darin heftig diskutiert. 33 Prozent aller Abgeordneten sind Frauen. Dieser Anteil sei zu gering und müsse in der kommenden Periode dringend erhöht werden, lese ich in einem Kommentar. Ich erinnere mich, wie hoch der Frauenanteil im österreichischen Parlament ist. Ja, auch hier sind es aktuell 33 Prozent.

Kinder sprechen mich an. Auf Englisch. Manche ärmlich gekleidet. Manche betteln um Süßigkeiten. Alle wollen wissen, woher ich komme. "Austria", sage ich. Wie aus der Pistole geschossen kommt es in gutem Englisch zurück: "Die Hauptstadt ist Wien. Ihr sprecht Deutsch." Ich bin verblüfft und ziemlich sicher, dass nicht jedes Volksschulkind in Österreich die Hauptstadt Nepals und die Landessprache nennen kann.

Bildung wird in Nepal groß geschrieben. Plakataufschriften werben für Bildung und Schule. Selbstverständlich auf Englisch. In der Früh sehe ich Buben und Mädchen jeden Alters gemeinsam in Schuluniformen in die Schule gehen. In die gemeinsame Schule aller Kinder. Der Unterricht läuft in zwei Schichten. Es gibt Vormittagsklassen und Nachmittagsklassen. Egal wann, Hauptsache, dass gelernt wird, scheint hier die Devise zu sein. Und so bin ich ganz unerwartet bei meiner Abreise aus Nepal zugleich am Ende meiner Vorurteile angekommen.

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