Hörbilder

Neun Tage - zwei Zehennägel - nach Hause gehen.
Mit Rucksack und Aufnahmegerät ist die Autorin von Wien nach Graz zu Fuß unterwegs. Feature von Anna Katharina Laggner

Ich werde einfach gehen, hab ich mir gedacht. Gehen gegen den Frust. Ich werde einfach gehen, weil alle immer fahren, weil ich immer fahre. Unzählige Male von Wien nach Graz, mit dem Zug, mit dem Auto. Ich werde einfach gehen. Da ist die Wahrscheinlichkeit am geringsten, dass jemand aufsteht und sagt, das geht nicht. In Graz wohnen meine Eltern, zwei meiner Schwestern, meine Großmutter. Von dort bin ich aufgebrochen in die Welt.

Es gibt keine Zimmerreservierungen, dafür Jause und einen kleinen Rucksack. Es gibt ein Aufnahmegerät, einen Pfefferspray und eine Abneigung gegen Hunde. Es gibt einen Weg, der ungefähr querfeldein Richtung Süden führt. Und es gibt den ersten Schritt, der der schwerste ist.

Es gibt die Idee, Menschen anzureden unterwegs. Dafür habe ich mir drei Fragen zurecht gelegt: Wohin gehen Sie? Wo sind Sie zu Hause? Darf ich Sie begleiten?

Von jeglichem Plan werde ich nach der ersten Begegnung - und noch in Wien - geheilt sein. Ich werde am Hochwechsel im dichten Nebel fast verloren gehen, in Pöllau wird man mir auf einer Orgel Lieder spielen, auf der Hohen Wand werde ich den Yeti treffen, ich werde belästigt werden, zwei Aufnahmegeräte werden eingehen, ich werde mich verirren, und das Ende wird sehr unspektakulär sein.

Beim internationalen Wettbewerb Prix Bohemia 2013 erlangte die Autorin mit dem Feature den dritten Platz. Die Sendung ist im Rahmen der internationalen EBU Master School on Radio features entstanden. Coach: Nikolai von Koslowski.

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