Gedanken für den Tag

von Hans Schelkshorn, Philosoph. "Denken am 'Rande' Europas" - Philosophie und Theologie in Lateinamerika. Gestaltung: Alexandra Mantler

Ein prophetischer Schrei nach Gerechtigkeit - Antonio de Montesinos

Die Invasion der Spanier in der "Neuen Welt" löste im 16. Jahrhundert eine unvorstellbare Eskalation der Gewalt aus. Kriegerische Auseinandersetzungen, Zwangsarbeit und eingeschleppte Krankheiten dezimierten innerhalb von wenigen Jahrzehnten die indigene Bevölkerung. Da die koloniale Expansion eng mit der christlichen Missionierung verbunden war, waren die amerindischen Völker nicht nur in ihrer physischen, sondern auch in ihrer kulturellen Existenz bedroht.

Inmitten der alltäglichen Gewalt, in der die Indios von den spanischen Herren wie Sklaven gehalten wurden, klagte der Dominikanermönch Antonio de Montesinos, der als Missionar auf die Insel Hispaniola gekommen war, die spanischen Kolonisten mit scharfen Worten an. In seiner berühmten Adventpredigt aus dem Jahre 1511 heißt es:

"Sagt, mit welcher Berechtigung und mit welchem Recht haltet ihr diese Indios in so grausamer und schrecklicher Sklaverei? Was ermächtigt euch, so verabscheuungswürdige Kriege gegen diese Menschen zu führen, die friedlich und ruhig in ihrem eigenen Lande lebten.? Sie sterben euch weg, oder besser, ihr tötet sie, nur um jeden Tag Gold herauszupressen.?"

Die Predigt von Antonio de Montesinos, eines kleinen Mönches am Ende der Welt, löste im spanischen Weltreich eine Jahrzehnte lange Debatte über die Eroberung Amerikas aus, die über Bartolomé de las Casas bis zu den Theologien der Befreiung im 20. Jahrhundert nachwirkt. Im Geiste von Antonio de Montesinos hat jüngst Papst Franziskus die "Globalisierung der Gleichgültigkeit" (EV, Nr. 54) gegenüber den Opfern des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems angeklagt. In seinem Schreiben "Evangelii Gaudium" heißt es: "Wer ist der, den du jeden Tag umbringst in der kleinen illegalen Fabrik, im Netz der Prostitution, in den Kindern, die du zum Betteln gebrauchst, in dem, der heimlich arbeiten muss, weil er nicht legalisiert ist?" EV, Nr. 211

Wie die Kolonisten sofort gegen Antonio de Montesinos beim spanischen Hof ihren Protest einlegten, so haben auch die Protagonisten des Neoliberalismus gegen Papst Franziskus ein mediales Feuerwerk inszeniert.

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Astor Piazzolla
Album: TANGO DE SALÓN
Titel: Soledad - Tango für Instrumentalensemble
Ausführende: Die österreichischen Salonisten
Ausführender/Ausführende: Peter Gillmayr /Violine
Ausführender/Ausführende: Andrej Serkov /Bandoneon
Ausführender/Ausführende: Guntram Zauner /Gitarre
Ausführender/Ausführende: Markus Kraler /Kontrabass
Ausführender/Ausführende: Wieland Nordmeyer /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: Gramola 98925

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