Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Sucht ohne Drogen - Abhängig von Spiel, Internet, Sex oder Arbeit

Wer Pech im Spiel hat, hat leider auch selten Glück in der Liebe.
Etwa ein Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gilt als "glücksspielsüchtig" und steht mit durchschnittlich 40.000 Euro in der Kreide. Die Abhängigkeit führt naturgemäß zu Problemen in der Partnerschaft, am Arbeitsplatz und zur sozialen Vereinsamung. Seit 1.1.2015 ist das "kleine Glücksspiel" in Wien untersagt. Ein Versuch, die Betroffenen von ihrem Suchtmittel fernzuhalten. Denn wie bei den substanzgebunden Süchten, also der Abhängigkeit von Drogen oder Alkohol, sind effiziente Maßnahmen nötig, um den unstillbaren Drang nach Suchtbefriedigung entgegenwirken. Wie sinnvoll diese Maßnahme im Sinne der Suchtprävention tatsächlich ist, lässt sich derzeit noch nicht sagen - immerhin gibt es ja auch die Möglichkeit, seinem Spielglück im Internet nachzujagen.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Palette der "Verhaltenssüchte" erweitert. So verbringen "Digital Junkies" weitaus mehr Zeit im Internet, als in der realen Welt. Eine aktuelle Studie der Universitätsmedizin Mainz untersuchte das Internetverhalten von 2.400 Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren. Bei jedem Siebenten zeigte sich ein bedenklich exzessiver Mediengebrauch, bei 3,4 Prozent konnte eindeutig ein Suchtverhalten diagnostiziert werden. Zu den so genannten nicht substanzgebundenen Süchten zählt neben der Spiel- und Mediensucht unter anderem auch die Sexsucht, fachlich korrekt als Hypersexualität bezeichnet. Betroffene sind ständig und zwanghaft auf der Suche nach sexueller Befriedigung, jedoch stellt sich diese während des Geschlechtsaktes nicht oder nur kurz ein - das quälende Verlangen bleibt weiter bestehen. Schließlich sind immer mehr Menschen süchtig danach, zu arbeiten. Laut unserem Sendungsgast, der Psychiaterin Gabriele Fischer, sind ein Drittel aller Selbständigen und Manager bereits davon betroffen. Ein wesentlicher Grund: der starke Druck in der Arbeitswelt.
Ob es sich bei all diesen potentiell schädigenden Verhaltensweisen tatsächlich um Süchte im engeren Sinn handelt, darüber sind sich Experten nicht ganz einig. Außerdem könnten sich andere psychiatrische Störungen hinter den "Verhaltenssüchten" verbergen, wie Depressionen, Zwangserkrankungen oder Angststörungen.
Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz spricht dieses Mal mit seinen Gästen über alte und neue nicht substanzgebundene Süchte, Möglichkeiten für Betroffene und deren Angehörige, diese rechtzeitig zu erkennen, und Wege, sich davon zu befreien.

Eine Sendung von Dr. Ronny Tekal.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Dr. Dominik Batthyány (Psychotherapeut, Logotherapie und Existenzanalyse, Leiter des Instituts für Verhaltenssüchte, Sigmund Freud Privat Universität Wien)
Univ.-Prof.in Dr.in Gabriele Fischer (Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Einrichtung für Suchtforschung und Suchttherapie an der Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Wien/AKH)
Herr Stefan (ehem. von Glücksspielsucht Betroffener, Selbsthilfegruppe Anonyme Spieler)

Österreichweite Beratungs- und Behandlungseinrichtungen für Glücksspielabhängigkeit
Selbsthilfegruppe "Anonyme Spieler"
Spielsuchthilfe Österreich
Anonyme Arbeitssüchtige Wien

Anonyme Sexaholiker
Anton Proksch Institut
Therapie- und Beratungsstelle für Mediensucht (Internet, Computerspiele, Handy, etc.)
Hotline zum Spielerschutz der Casinos Austria AG und der Österreichischen Lotterien GmbH (Tel: 0800/202 304 - kostenlos aus ganz Österreich)
Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie
Berufsverband Österreichischer PsychologInnen

MedUni Wien über substanzungebundene Süchte
Bundesministerium für Gesundheit zu substanzungebundenen Abhängigkeiten
Anton Proksch Institut zu Internetsucht
Institut Suchtprävention Pro Mente Oberösterreich
Mediensucht
Über Sexsucht
Workaholic - Die Sucht nach Arbeit

Dominik Batthyány, Alfred Pritz, "Rausch ohne Drogen: Substanzungebundene Süchte",
Springer Verlag 2009

Kornelius Roth, "Sexsucht: Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige", Ch. Links Verlag 2012

Jonathon Lazear, "Der Mann, der seinen Beruf mit dem Leben verwechselte. Bekenntnisse eines Workaholics", Verlag Fischer Scherz 2002

Sieglinde Zimmer-Fiene, "Kaufsucht: Mein Leben durch die Hölle", Tinto-Verlag 2008

Erich Buchner, "Sucht und Ausstieg: Wege aus der Glücksspielsucht", Books on Demand 2011

Kai Müller, "Spielwiese Internet - Sucht ohne Suchtmittel", Springer Spektrum 2013

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