Gedanken für den Tag

12. Mai 2015, 06:56

Dinosaurier

Kinder ändern ihre Hobbys oft sehr sprunghaft. Aus unserem passionierten Hello-Kitty-Kind ist eines Tages plötzlich ein Dinosaurier-Kind geworden. Nach kurzer Zeit kann es die Saurier in Fleisch- und Pflanzenfresser einteilen, in Gut und Böse also, und verliebt sich insbesondere in den Stegosaurus, den es wahnsinnig gern einmal "in echt" sehen würde. Man holt also aus, erzählt, dass die Dinosaurier leider vor sehr, sehr langer Zeit ausgestorben sind. "Also, als du klein warst, Mama?", fragt das Kind und man schluckt diese Riesenbeleidigung gnädig hinunter. "Nein, mein Schatz, noch viel, viel früher."

Ausgestorben, diese Idee fasziniert das Kind mit seinen vier Jahren natürlich, und langsam bekommt es wegen der Saurierbegeisterung eine erste leise Ahnung vom Sterben und vom Tod. "Wo", fragt es, "sind die Saurier denn jetzt?" Ich verweise auf den Himmel, eine zugegebenermaßen aus theologischer wie wissenschaftlicher Sicht gleichermaßen höchst zweifelhafte These.

Kurz darauf müssen wir natürlich ins Naturhistorische Museum, um uns die Dinosaurier oder das, was von ihnen übrig ist, in echt anzusehen. Im Sauriersaal steht das Kind gefühlte vier und tatsächliche eineinhalb Stunden fasziniert vor dem animierten Allosaurus-Modell. Nie zuvor und nie wieder danach ist das Kind so lange so konzentriert bei einer Sache geblieben, hatte weder Durst noch Hunger und musste nicht aufs Klo. Dann fallen ihm die vielen Knochen auf und besorgt fragt es, wieso die Saurier ihre Knochen auf der Erde gelassen haben, als sie in den Himmel gereist sind. Und was sie dort jetzt wohl so tun, so ganz ohne Knochen, Mama?

Ja was eigentlich? So schlimm war diese Hello Kitty-Phase eigentlich gar nicht.

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