Gedanken für den Tag

von Michael Kerbler, Journalist und Vorstandsmitglied der Organisation "Menschen für Menschen". "Unser täglich Brot". Gestaltung: Alexandra Mantler

Weit hinten am Horizont, an der Linie, an der die ockerfarbene Hochebene von Mekele in den Himmel schnitt, war plötzlich Bewegung zu bemerken. Zuerst schwach, kaum wahrnehmbar, dann deutlicher. Mehr und mehr Menschen wurden erkennbar. Oder, um genau zu sein, zuerst waren es hunderte schwarze Regenschirme. Trotz 2000 Meter Seehöhe hatte es mehr als 30 Grad Celsius, und der Mittag war noch drei Stunden entfernt. Die Äthiopier und Äthiopierinnen, die schon ein oder zwei Tage unterwegs waren, trugen den schützenden Schatten mit sich. Ihr Ziel: der rettende Stützpunkt des World Food Programm, des Nahrungsmittelhilfe-Programms der UNO.

Vor zwei Jahren hatte es hier das letzte Mal geregnet. Der Boden war hart wie Beton. Aufgerissen von der Dürre. Wasser war ein rares Gut. Hilfe aus der Hauptstadt Addis Abeba kam spärlich, weil die Regierung den Krieg gegen das abtrünnige Eritrea finanzierte.

Hunderte Menschen kamen um zu essen, um Getreide auszufassen, für die abgemagerten Kinder eiweißreiche Kekse zu bekommen und sie untersuchen zu lassen. Es war irritierend still, obwohl vor mir mittlerweile mindestens sechshundert Menschen am Boden saßen. Und warteten. Ein heißer Wind fegte über die weite Ebene. Manchmal war das Weinen der Kinder zu hören.

Bilder von Hungernden und von verhungerten Menschen - es sollen damals nahezu eine Million Menschen in Äthiopien verhungert sein - gingen in den 1980er-Jahren um die Welt. Karlheinz Böhm, der Gründer der Äthiopienhilfe "Menschen für Menschen" hat schon damals erkannt, dass langfristig nur Hilfe zur Selbsthilfe sinnvoll ist. "Mit Nahrungsmittelhilfe allein gibt es für die Menschen hier keine dauerhafte Zukunftsperspektive", sagte mir Karlheinz Böhm.

Heute geht es den Menschen in Äthiopien besser, die Zahl der Hungernden konnte halbiert werden. Aber eine Garantie auf das tägliche Brot gibt es nach wie vor nicht.

Service

Menschen für Menschen

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Terry Devine King
Gesamttitel: OUT OF AFRICA
Titel: Spirit of a nation
Länge: 02:00 min
Label: CAVENDISH MUSIC CD 103

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