Betrifft: Geschichte

4. November 2015, 17:55

Das "Rote Wien" wurde realisiert, das Projekt vom "Neuen Menschen" nicht. Aber dieses Projekt war der ideelle, idealistische und ideologische Hintergrund, vor dem ab den späten 1920er-Jahren jene v. a. architektonischen Leistungen entstanden, die bis heute Weltruf haben. Die Skulpturen - etwa an den Gemeindebauten der "Ringstraße der Arbeiter" - am Gürtel - dokumentieren, dass es um mehr ging als "nur" um menschenwürdiges Wohnen (mit Bädern in den Wohnungen, Waschsalons, Bibliotheken, Kindergärten etc.); 50 Jahre vor dem "coming out" der Sozialisten unter Bruno Kreisky war der Anspruch der, ein staatstragendes Klassenbewusstsein der Arbeiterschaft zu schaffen und zu demonstrieren - im Gegensatz zum bürgerlich kapitalistischen Klassenbewusstsein.

Dafür schienen schon den Gründervätern und -müttern die Grundwerte sozialistischer, sozialer Solidarität nicht hinreichend. Ihr Ansatz war umfassend: nicht bloß gesellschaftspolitisch, sondern auch bildungs- und kulturpolitisch; es war sozusagen die Wiederaufnahme der Werte der bürgerlichen Aufklärung (des 18. Jahrhunderts), die durch die soziale Ausbeutung und Doppelmoral des bürgerlichen Kapitalismus verraten worden waren. So etwa könnte man die zentrale Absicht zusammenfassen, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass sich unter den Führungspersönlichkeiten der jungen Sozialdemokratischen Bewegung (!) viele - von ihrer sozialen Herkunft gesehen - Bürger/innen befanden, die - vielfach führend an einem ebenso neuen wissenschaftlichen Weltbild beteiligt - sich nicht als Elite verstanden, sondern verpflichtet zum Dienst an der Sache. Sie scheiterten v. a. am Austrofaschismus und am Nationalsozialismus, aber auch am Mitläufertum in den - zugegeben - schwierigen, z. T. existenzbedrohenden Zeiten der Wirtschaftskrisen schon ab Ende der 1920er-Jahre.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Betrifft: Geschichte - XML
Betrifft: Geschichte - iTunes

Sendereihe

• Betrifft: Geschichte