Gedanken für den Tag

von Eleonore Lappin-Eppel, Historikerin. "Lichterfest in dunkler Zeit" - Gedanken zum jüdischen Chanukka-Fest. Gestaltung: Alexandra Mantler

Die Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert förderte ihre Akkulturation, also die Übernahme der europäischen kulturellen Werte und Lebensweise. Dies führte bei vielen zur Assimilation und Abkehr vom traditionellen Judentum.

Unter dem Eindruck des erstarkenden Antisemitismus entstand im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts unter assimilierten jüdischen Studenten Wiens der Zionismus. Diese Studenten propagierten eine selbstbewusste Rückbesinnung auf das jüdische Erbe, das sie jedoch kulturell und säkular, also national, interpretierten. Ziel der Zionisten war die Rückkehr in die alte Heimat Palästina. Dabei boten sich ihnen die Makkabäer als Vorbilder an. Denn diese hatten erfolgreich die erzwungene, ebenso wie die freiwillige, Assimilation an die hellenistische Kultur bekämpft und die nationale Souveränität des jüdischen Volks in seinem Land wiederhergestellt. National-jüdische Studenten organisierten daher zu Chanukka Makkabäer-Bälle, die sowohl der Stärkung des jüdischen Nationalgefühls, als auch der Geselligkeit dienten und sich bald größter Beliebtheit erfreuten.

Auch heute ist Chanukka Party-Zeit - allerdings ohne nationalistische Obertöne. Chanukka war und ist in erster Linie ein fröhliches Familienfest mit Lichtern, Spielen und speziellen Speisen. Die Tatsache, dass Chanukka meist im Dezember, also zeitnahe zu Weihnachten gefeiert wird, führte dazu, dass es in "Konkurrenz" zu diesem christlichen Familienfest stand und steht. Daher traten an die Stelle des bescheidenen Chanukka-Geldes, das Kinder traditionell bekamen, reichliche Geschenke, die Chanukka-Lichter werden mit dem Weihnachtsbaum verglichen. Doch wer Chanukka im sonnigen Israel gefeiert hat, weiß, dass das jüdische "Lichterfest" überhaupt nichts mit Nebel, Schnee und Dunkelheit zu tun hat.

Service

Bücher:

Eleonore Lappin-Eppel, Dieter Hecht, Michaela Raggam Blesch, "Topographie der Shoah. Gedächtnisorte an das zerstörte jüdische Wien", Mandelbaum Verlag
Eleonore Lappin-Eppel, Petra Ernst (Hg.), "Jüdische Publizistik im Zeichen des Ersten Weltkriegs", Studienverlag

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Traditional
Vorlage: Jiddisches Volkslied
Album: FROM JEWISH LIFE - Paul Marleyn
Titel: Avreml the pickpocket - für Violoncello und Klavier
Anderssprachiger Titel: Avreml der marvikher
Solist/Solistin: Paul Marleyn /Violoncello
Solist/Solistin: John Lenehan /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: SIGNUM TWO SIG CD 505

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