Leporello
Buch "I lieg am Ruckn" zur Erinnerung an Ludwig Hirsch
15. Jänner 2016, 07:52
"Er hatte eine ganz eigene Fantasie und ist immer in innere Abgründe gegangen", sagt die Schauspielerin Cornelia Köndgen über ihren 2011 verstorbenen Mann, den Liedermacher und Schauspieler Ludwig Hirsch. In seinen wohl bekanntesten Verszeilen stieg dieser ja besonders weit hinunter, in den Abgrund: tief unter die Erde.
"I lieg am Ruckn" heißt das Lied aus dem Album "Dunkelgraue Lieder" von 1978. Und so heißt auch das Buch, das dieser Tage bei Ueberreuter erschienen ist und anlässlich des bevorstehenden 70. Geburtstages an Ludwig Hirsch, den Künstler, Ehemann, Freund und Vater erinnert. Der Musikpublizist Andy Zahradnik hat es gemeinsam mit Cornelia Köndgen sowie mit Hirschs Weggefährten, dem Gitarristen Johnny Bertl, verfasst. Zahradnik ist seit Jahrzehnten im Musikgeschäft tätig - den Moment, da ihm als jungem Labelvertreter erstmals ein Lied von Ludwig Hirsch zu Ohren kam, bezeichnet er als einen Höhepunkt seiner Hör-Erlebnisse.
Angeblich hat man bei Ö3 damals verboten, das Lied nach 22 Uhr zu spielen - die morbide Atmosphäre könnte zu Selbstmorden animieren, hieß es vorsorglich. Hirschs Lieder werden meist von süßlich-romantischen Melodien getragen, in den Texten indes steckt ein bitterer Witz. Auf seinem Bauernhof in der Oststeiermark hat Ludwig Hirsch besonders gerne getextet, erzählt Cornelia Köndgen. Sie hat die Schreibnischen bis heute erhalten.
Andy Zahradnik, Cornelia Köndgen und Johnny Bertl haben im Buch "I lieg am Ruckn" ihre ganz persönlichen Erinnerungen an Ludwig Hirsch niedergeschrieben, sie geben aber auch Berichte anderer Nahestehender wieder. So erzählt Hirschs Schwester Luitgard etwa von einem feinfühligen und freigeistigen, jedoch morphiumsüchtigen Vater;
Jugendfreund Gottfried Gerngroß erinnert sich an Hirschs erste Band, die langhaarigen "Vienna Beatles", die vor der steirischen Dorfbevölkerung einmal fast die Hosen herunterlassen mussten, um zu beweisen, dass sie keine Mädchen sind. Zu Wort kommen im Buch auch der Musikproduzent Christian Kolonovits, die ehemalige Volkstheaterdirektorin Emmy Werner sowie Ludwig Hirschs Sohn Moritz.
Moritz Hirsch, heute Grafikdesigner, hat sich als Kind einen Vater gewünscht, der weniger oft im Scheinwerferlicht stand, erzählt er im Buch "I lieg am Ruckn". Dabei stand Ludwig Hirsch ohnehin nicht gern im Mittelpunkt. Der Sohn berichtet u.a., dass sein Vater einmal beim Opernball auf der Toilette eine Zigarette mit Zusatzstoff geraucht habe - um dem Treiben draußen wenigstens etwas Witz abgewinnen zu können.
Ludwig Hirsch hatte keine Angst vor dem Sterben, erzählt Andy Zahradnik. Der Künstler lebte ungesund aus Überzeugung, so sagte er etwa einmal, "ich hör nicht auf mit dem Nikotin, ich rauche fertig". Und schon lange vor seiner Krebsdiagnose sei er neugierig auf den Tod gewesen. Witwe Cornelia Köndgen erinnert sich an einen Abschied, den sie erst nach der Nachricht vom Freitod ihres Mannes im November 2011 als letztes Adieu deutet.- Gestaltung: Christa Eder
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