Radiokolleg - Biedermänner und Brandstifter

Strategien gegen Rechtsextremismus (4). Gestaltung: Tanja Malle

222 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte hat es von Jänner bis Ende November 2015 in Deutschland gegeben, 104 Menschen wurden bei den Übergriffen verletzt. Doch nur in vier Fällen haben Gerichte die Täter verurteilt, in acht weiteren wurde Anklage erhoben - soweit die Ergebnisse einer umfassenden Recherche der deutschen Wochenzeitung Die Zeit. Vor allem Brandanschläge sind zu einem gefährlichen Massenphänomen geworden.

In Österreich gab es bis September 2015 16 Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte, geht aus einer parlamentarischen Anfrage an die Innenministerin durch den Abgeordneten Albert Steinhauser von den Grünen hervor. Auch hier wurden in den wenigsten Fällen Täter ausgeforscht.

Das gesellschaftliche Klima verschärft sich. In Österreich steigt die Zahl der Anzeigen rechtsextremer bzw. neonazistisch motivierter Straftaten seit Jahren deutlich und in Deutschland hat die Gewalt gegen Geflüchtete und Migrant_innen zuletzt stark zugenommen. Experten wie der renommierte deutsche Politologe Hajo Funke von der Freien Universität Berlin sehen hier einen Zusammenhang mit dem Beginn der Pegida-Aufmärsche im Oktober 2014.

Die Europäische Wertestudie "European Value Survey" kommt zu dem Schluss, dass sich die Ausländerfeindlichkeit in Österreich seit 1998 verdoppelt hat. Die Rechtsextremen von heute entsprechen nicht mehr dem Klischee von Springerstiefel tragenden Glatzköpfen mit einschlägigen Tattoos. In Teilen offen rechtsextreme Bewegungen, wie Pegida und Identitäre, bekommen Zulauf aus der so genannten "Mitte der Gesellschaft".

Das Radiokolleg geht der Frage nach, welche staatlichen und zivilgesellschaftlichen Strategien gegen Rechtsextremismus sich bisher (nicht) bewährt haben. In Deutschland prüft das Bundesverfassungsgericht aktuell ein Verbot der rechtsextremen NPD, mehrere Untersuchungsausschüsse befass(t)en sich mit der rechtsextremen NSU-Terrorgruppe, deren Mitglied, Beate Zschäpe in München vor Gericht steht. In diesem Zusammenhang wird intensiv über das Versagen des Verfassungsschutzes diskutiert. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich keine bundesweiten Aktionsprogramme gegen Rechtsextremismus. Und auch auf universitärer, sowie zivilgesellschaftlicher Ebene finden sich im Nachbarland interessante Beispiele für Präventions- und Aussteigerprojekte.

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