Radiokolleg - Resonanz

In Berührung mit sich selbst und der Welt (3). Gestaltung: Johannes Kaup

Wir sind auf viele unterschiedliche Weisen miteinander und mit der Welt verbunden und vernetzt. Wenn wir fühlen, dass uns eine Erfahrung mit der Welt berührt, oder dass wir mit anderen Menschen auf einer Wellenlänge schwingen, spüren wir, dass wir ganz wir selbst sind. Dann fühlen wir uns zuinnerst angesprochen. Wir sind dann in einem Resonanz-Verhältnis zur Welt. Ein Zustand, der zugleich die Erfahrung von Glück und evidentem Sinn in sich birgt.

Das Gegenteil ist der Fall, wo Resonanz fehlt oder abhandengekommen ist. Obwohl wir eine Arbeit haben, die uns materiell absichert, oder eine Beziehung und Familie, kann es sein, dass wir in eine seelische Verfassung kommen, wo uns das nicht mehr anspricht und berührt und wo wir ebenfalls die anderen nicht mehr emotional erreichen. Dann erleben wir uns einsam, entfremdet und das Leben erscheint schal und leer. Hier ist unsere Resonanz verloren gegangen, eine Form wie sich eine seelische Burnout-Situation manifestieren kann.

"Damit wir Resonanzbeziehungen zu Menschen und Dingen entfalten können, brauchen wir Zeit", sagt der renommierte deutsche Soziologe Hartmut Rosa. Seit mehreren Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema, zudem er gerade das Buch "Resonanz - Soziologie einer Weltbeziehung" schreibt. Nach Rosa leben wir in einer Gesellschaft, die vom beständigen Wachstums- und Steigerungszwang gekennzeichnet ist. Unsere beschleunigten und verdichteten Arbeits- und Lebensverhältnisse bedrohen zugleich unsere Fähigkeit zur Resonanz. Das lässt sich auch an der zunehmenden Frustration bei der Nutzung sozialer Netzwerke im Web ablesen. Sie bieten zwar um ein Vielfaches mehr an Informationen, können aber gleichzeitig nicht das Versprechen nach echter Kommunikationen und menschlicher Begegnung halten. Die Dinge und Menschen werden uns zunehmend fremd und wir kommunizieren nur mehr instrumentell mit ihnen. Die Entfremdung ist für Rosa das genaue Gegenteil der Resonanzerfahrung. Sie ist ein "Verstummen der Welt". Wer entfremdet ist von der Welt, der erfährt sie als kalt, feindlich oder zumindest gleichgültig. Die Folgen sind "pathologische" Weltbeziehungen. Konkret zeigt sich das in der "ökologischen" Krise, der Demokratie-Krise und der Psycho-Krise, die sich beispielsweise in hohen "Burn-Out"-Raten manifestiert. Darin spiegelt sich eine in der Gesellschaft zunehmende Stimmung der Gleichgültigkeit, der sozialen Entfremdung bis hin zur Feindseligkeit. Doch das könnte auf Dauer nicht nur den ethischen Konsens einer Gesellschaft aushöhlen, sondern auch ihren sozialen Zusammenhalt gefährden.

Die Fähigkeit zur Resonanz bedarf also großer Aufmerksamkeit und Pflege. Zur Resonanz zählt Rosa Erfahrungen des Im-Einklang-Seins mit der Natur, ästhetische Erlebnisse, sowie Gemeinschafts- und religiöse Erfahrungen. Über solche Resonanzen vergewissern sich Menschen eines Einklangs mit sich selbst und der Harmonie mit "der Welt". Johannes Kaup hat sich auf eine Spurensuche nach Menschen begeben, denen Resonanz im Tun und Denken wichtig geworden ist.

Service

Hartmut Rosa; Resonanz - Soziologie einer Weltbeziehung, Suhrkamp 2016
Herbert Pietschmann/Erich Hamberger, Quantenphysik und Kommunikationswissenschaft.
Auf dem Weg zu einer allgemeinen Theorie der Kommunikation, Verlag Karl Alber 2015
Gerald Hüther, Was wir sind und was wir sein könnten. Ein neurobiologischer Mutmacher, Fischer 2013
Veronica Gradl, Wegbereitung. Der Spur folgen, Echter Verlag 2015
Ha Vinh Tho, Grundrecht auf Glück. Bhutans Vorbild für ein gelingendes Miteinander, Nymphenburger 2014
Christian Felber, Die innere Stimme. Wie Spiritualität, Freiheit und Gemeinwohl zusammenhängen, Publik Forum Verlag 2015
David Steindl-Rast/Anselm Grün, Das glauben wir. Spiritualität für unsere Zeit, Vier-Türme-Verlag 2015

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