Gedanken für den Tag
von Mirja Kutzer, katholische Theologin und Germanistin. "Im Blick der Kamera" - Zum 90. Geburtstag von Marilyn Monroe. Gestaltung: Alexandra Mantler
1. Juni 2016, 06:56
Was ist blond? Eine Haarfarbe - soweit das Offenkundige. Ein Geisteszustand - so definiert es der Witz. Mit Blick auf die Monroe ist zu sagen: eine große Inszenierung.
Der Durchbruch als Schauspielerin gelingt Marilyn mit dem Film "Blondinen bevorzugt". In der Figur der Lorelei Lee prägt sie ihre Interpretation der Blondine. Lorelei ist platin-blond. Die Künstlichkeit der Haarfarbe ist offenkundig. Auch sonst ist der Charakter schillernd. Lorelei setzt ihren Sex-Appeal gezielt ein und gibt sich gleichzeitig entwaffnend naiv.
Einen Schlüssel zur Figur liefert der Film am Ende - in der Begegnung mit Loreleis millionenschwerem Schwiegervater in Spe. Der ist angereist, um die Verlobung mit dem Sohn zu lösen, vermutet er doch, dass Lorelei nur hinter seinem Geld her wäre. Lorelei umgarnt ihn, vor allem aber argumentiert sie: Wenn er eine Tochter hätte, dann wünschte er ihr doch auch ein Leben ohne Sorgen, und dass sie viele kostbare Dinge besäße. Warum also nehme er es ihr übel, wenn sie das auch will? Der Schwiegervater ist perplex. Man habe ihm gesagt, Lorelei sei dumm. Aber sie besitze ja sogar Verstand. Loreleis Antwort ist wieder reine Show: "Aber nur wenn es brenzlig wird", so sagt sie, "gebrauche ich ihn. Die meisten Männer mögen keine klugen Frauen."
Diese Szene qualifiziert Loreleis Naivität als ebenso wenig natürlich wie ihre Haarfarbe. Sie ist strategisch: Lorelei ist ein "Material Girl", so singt es Madonna, ebenfalls platin-blond gefärbt, in ihrem 1985 produzierten Song - eine Hommage an die Monroe und den Film. Blond zu sein ist für die Monroe wie auch für Madonna oder Lady Gaga, die sie zitieren, ein Spiel mit einem Klischee. Sie präsentieren die Haarfarbe, ihren Körper als Ort von Zuschreibungen, als Objekt eines "male gaze", eines männlich konstruierten Blicks. Gleichzeitig irritieren sie diesen Blick durch die extreme Künstlichkeit ihrer Performance und, was die Monroe angeht, durch ihre Komödiantik. Das blonde Dummchen ist nicht Objekt der Betrachtung. Es ist Subjekt des Spiels.
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Jim Scott
Album: MARILYN MONROE / THE GOLD COLLECTION
Titel: She acts like a woman should
Solist/Solistin: Marilyn Monroe /Gesang m.Begl.
Länge: 02:00 min
Label: Preiser/Retro 4035 (2 CD)