Gedanken für den Tag
von Arnold Mettnitzer, Theologe und Psychotherapeut. "Wenn endlich endlich kommt" - Zum 90. Geburtstag von Ingeborg Bachmann. Gestaltung: Alexandra Mantler
20. Juni 2016, 06:56
Man muss den Friedhof von Klagenfurt-Annabichl fast zur Gänze durchschreiten, um vor ihrem Grab zu stehen. Ein grob behauener weißer Stein mit grauer Schrift verrät den Namen und die Jahreszahlen: "Ingeborg Bachmann 1926 - 1973".
Geboren in Klagenfurt. Gestorben mit 47 Jahren in Rom. Zur Beerdigung zurückgekehrt in ihre Heimatstadt, die sie, wenn sie von ihrer Jugend dort erzählt, nicht beim Namen nennt, sondern nur mit dem Buchstaben K. versieht.
1974, ein Jahr nach ihrem Tod komme ich zum Studium der Theologie nach Rom. In einer Art uneingestandenen Heimwehs greife ich immer wieder nach Bachmann-Texten. Sie kreisen um Wahrheit und Wahrhaftigkeit, um die Liebe und den Tod und werden mir in ihrer geheimnisvollen Melancholie zur südlichen Begleitmelodie meiner römischen Spaziergänge. Dabei mache ich mich auf die Suche nach den acht Palazzi in schönster Lage, in denen die Bachmann in ihrer römischen Zeit 20 Jahre lang gelebt hat.
Im letzten ihrer "Lieder auf der Flucht" (XV) schreibt sie:
Die Liebe hat einen Triumph und der Tod hat einen,
die Zeit und die Zeit danach.
Wir haben keinen.
Nur Sinken um uns von Gestirnen. Abglanz und Schweigen.
Doch das Lied überm Staub danach
wird uns übersteigen.
(Ingeborg Bachmann, Die gestundete Zeit - Anrufung des Großen Bären. Gedichte, R. Piper & Co. Verlag München 1982, 139)
Geblieben sind ihre Romane, Gedichte, Libretti und Hörspiele, geblieben außerdem der nach ihr benannte Bachmannpreis. Das alles neben dem Triumph der Liebe und des Todes: Ein großes Lied "überm Staub danach".
Service
Ingeborg Bachmann, "Die gestundete Zeit - Anrufung des Großen Bären. Gedichte", R. Piper & Co. Verlag
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Titel: GFT 160620 Gedanken für den Tag / Arnold Mettnitzer
Länge: 03:49 min