Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

20. Juni 2016, 14:05

Schmerzen sind immer schlimm, doch viele meinen, wenn sich im Kopf ein Gewitter zusammenbraut, ist es am unerträglichsten (ebenbürtig sind vielleicht höchstens Zahnschmerzen). Und kaum einer, der in seinem Leben von Kopfschmerzen bisher verschont wurde. Kein Wunder, gibt es doch rund 200 verschiedene Arten. Vielen kann man mit Ruhe und Medikamenten beikommen, Stichwort Kopfwehtablette (aber nicht zu oft, denn sonst geht das ganze nach hinten los und die schmerzhaften Episoden treten häufiger auf als zuvor). Eine Form von Kopfschmerzen, die Migräne, ist aber ein ganz anderes Kaliber. Eine typische Attacke breitet sich pulsierend, pochend und hämmernd in der Regel über eine Kopfhälfte aus und geht häufig mit Übelkeit, Erbrechen sowie extremer Licht- und Lärmempfindlichkeit einher. Außerdem ist die Wahrnehmung beeinträchtigt und Betroffene sind unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Im schlimmsten Fall kann der Spuk bis zu 72 Stunden dauern.
Trotz dieser Qualen werden die Betroffenen oft nicht sonderlich ernst genommen. Laut den Ergebnissen einer aktuellen Studie werden sie als "wenig stressresistent" und die Krankheit selbst als "Befindlichkeitsstörung" abgeurteilt. Dabei stellt Migräne weltweit die dritthäufigste Erkrankung dar. Etwa elf Prozent der Bevölkerung sind betroffen, rund dreimal so viele Frauen wie Männer. Und Migräne liegt an sechster Stelle unter 300 Erkrankungen, was die erkrankungsbedingte Belastung anbelangt. Die Ursachen für Migräne sind bis heute nicht restlos geklärt. Erwiesen ist, dass die Erkrankung vererbt werden kann. Wesentlich für das Auftreten einer Migräne sind so genannte Triggerfaktoren.
So können veränderte Lebensrhythmen, Nahrungsmittel, Stress, hormonelle Einflüsse, Wetterumschwünge, Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus oder Reizüberflutung den Anstoß zu einer Attacke geben. Diese Faktoren sind jedoch nicht die Ursache, sondern begünstigen den Schub lediglich. Und eine weitere neue Studie hat nun herausgefunden, dass die individuelle Erhebung von Migräneauslösern für die Behandlung essenziell ist. Mithilfe einer App können Betroffene jetzt ihre "persönlichen" Migränetrigger herausfinden. Denn häufig ist es so, dass die Geplagten aufgrund einer allgemeinen Empfehlung vermeintliche Auslöser wie etwa Rotwein oder Käse vermeiden, dabei würden diese Nahrungsmittel für sie persönlich gar keine Rolle spielen. Damit schränken sie jedoch ihre Lebensqualität unnötigerweise noch weiter ein.
Die Behandlung einer Migräne erfolgt mittels gängiger Schmerzmittel sowie spezieller Migränemittel, den Triptanen. In der vorbeugenden Behandlung kommen neben Betablockern nicht medikamentöse Strategien wie Entspannungstechniken, Hypnose, Akupunktur sowie pflanzliche Präparate wie beispielsweise das Mutterkraut zum Einsatz. Derzeit befindet sich schließlich eine vorbeugende Impfung in Entwicklung, die einen völlig neuen Ansatz in der Behandlung darstellt.

Diesmal diskutiert Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz mit seinen Gästen über neue Erkenntnisse in Vorbeugung und Behandlung von Migräne und anderen wichtigen Kopfschmerzformen.

Eine Sendung von Dr.in Michaela Steiner.
Redaktion: Mag.a Nora Kirchschlager

Service

Univ.-Prof. Dr. Christian Wöber, Leiter der Spezialbereichs Kopfschmerz, Uniklinik für Neurologie, Meduni Wien
Dr.in Marion Vigl, KH Barmherzige Brüder Wien, Abteilung für Neurologie, Neurologische Rehabilitation und Akutgeriatrie
MIPRO (Migräne-Programm)-Ordination
DGKS Raphaela Mayr, BSc., Migräne-Betroffene, Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie, Meduni Wien

Österreichische Kopfschmerzgesellschaft
(hier finden bzw. erhalten Sie die Adressen sämtlicher österreichischer Kopfschmerzambulanzen sowie die Adressen aller Selbsthilfegruppen)
Österreichische Gesellschaft für Neurologie
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
(Kopfschmerz-Expertenliste Deutschland)
Deutsche Migräneliga
(Selbsthilfegruppen Deutschland)
Selbsthilfe Schweiz (Migräne Selbsthilfegruppen)
Wissenswertes über Migräne
Mit Mutterkraut gegen Migräne
Migräne und andere Kopfschmerzen
Form Gesundheit: Migräne
Internationale Kopfschmerz-Klassifikation (IHS)
Schweizerische Kopfwehgesellschaft
Chronische Migräne
Cluster Kopfschmerzen
Kopfschmerzen.net

Hartmut Göbel, "Erfolgreich gegen Kopfschmerzen und Migräne: Ursachen beseitigen, gezielt vorbeugen, Strategien zur Selbsthilfe", Springer, 7. Aufl. 2014

Charly Gaul, Andreas Totzeck, Anja Nicpon, Hans-Christoph Diener, "Patientenratgeber Kopfschmerzen und Migräne", ABW Wissenschaftsverlagsgesellschaft, 2. Aufl. 2014

Rafael Häusler, "Schmerz frisst Seele - Leben mit Clusterkopfschmerz", Pomaska-Brand, 2. Aufl. 2013

Franz Wagner, "Akupressur: Heilung auf den Punkt gebracht", Verlag: GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH; Auflage: 6 (8. Februar 2012)

Sendereihe

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