Gedanken

17. Juli 2016, 09:05

"Eine Diktatur kann mehr Schaden anrichtet, als man glaubt. Es entstehen viel mehr Wunden als man für möglich hält", davon war der ungarische Schriftsteller Péter Esterházy überzeugt. Der leidenschaftliche Sprachkünstler, Fabulierer und kritische Geist musste sich am Freitag 14. Juli seiner Krebserkrankung geschlagen geben, die er im Oktober 2015 öffentlich gemacht hatte, um sein Fehlen bei der Göteborger Buchmesse zu begründen. In seinem im Dezember 2015 erschienen Buch "A bünös" (Der Schuldige) thematisierte er die Krankheit Bauchspeicheldrüsenkrebs in einem vom Maler Miklos Szüts illustrierten Buch. Die Hauptfigur ist eine Märchengestalt, "Bauchspeichelchen", die Esterházy als "lebenslustigen, frechen Kerl" wie aus einem historischen Roman auftreten ließ.

Der in Budapest geborene Autor entstammt einem gräflichen Zweig der Familie Esterházy, die nach dem Zweiten Weltkrieg vom kommunistischen Regime enteignet wurde. Der Familiensitz der Esterházys in Szigliget am Balaton wurde in den 1950er Jahren zu einem Haus der Dichter umgewandelt, in dem auch Péter Esterházy öfter zu Gast war. Dort - in entspannter sommerlicher Atmosphäre - traf ihn auch Ursula Burkert zum Gespräch für die Ö1 Gedanken.

Péter Esterházy studierte Mathematik, war als EDV-Spezialist auch in Deutschland tätig, bevor er Erzählungen und Romane zu publizieren begann. Sein Hauptwerk "Harmonia Caelestis" ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte seiner Familie vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse in Europa. Als er 2001 nach der Veröffentlichung dieses Werkes erfuhr, dass sein Vater mit dem ungarischen Geheimdienst kooperiert hatte, arbeitete er diese Enthüllung in einem Nachfolgeband "Verbesserte Ausgabe" auf.

Esterházys Roman "Die Mantel- und Degen-Version" (Hanser Verlag), führte im Mai 2015 die ORF Bestenliste an. Listig zieht er in dieser Geschichte um Kabale, Liebe und Verrat im 17. Jahrhundert Parallelen zur Gegenwart. Die kommunistische Diktatur ist zwar überwunden, meinte der Autor, jedoch gab ihm in den letzten Jahren die politische Situation in Ungarn auch wieder Anlass zur Sorge. Esterhazy: "Die Intellektuellen des Landes neigen zur Selbstzensur und zum vorauseilenden Gehorsam. Ich denke es wäre wichtig, wenn die Gesellschaft als Ganzes Haltung beweisen würde oder zumindest Teile davon, wie die Theaterleute oder Schriftsteller. Solidarität funktioniert ja auch nicht sehr gut, denn wir leben in einer gespaltenen Gesellschaft. Es herrscht eine Vertrauenskrise. Wenn man in einer Welt ohne Vertrauen lebt, das macht jeden dümmer."

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