Radiokolleg - Das wohlpräparierte Klavier

Eine Geschichte der Klangerweiterung. (3). Gestaltung: Michael Neuhauser

Das Klavier ist eine Erfindung des mechanistischen Zeitalters. Viel haben die Klavierbauer des 18. und 19. Jahrhunderts experimentiert, um das Instrument mit wohlklingenden, vielseitigen und vor allem veränderbaren Tönen auszustatten. Doch nur wenige dieser mechanischen Klangmodulationen setzten sich auf Dauer durch.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam die Entwicklung des Klavierbaus weitgehend zu einem Abschluss und das Klavier mit seinen zwei bzw. drei Pedalen wurde zum Standard - genauso wie wir es heute kennen. Ab da waren es dann vor allem die Komponist/innen und Musiker/innen selbst, die durch ungewöhnliche Spieltechniken mit dem Klavierklang zu experimentieren begannen. Der US-Amerikaner Henry Cowell beispielsweise erzeugte durch den direkten Griff in die Saiten Glissandi, Ton-Cluster und zarte Harfenklänge. Sein Schüler John Cage wiederum entlockte dem Instrument glockenartige und perkussive Töne, indem er Gummikeile, Schrauben und Plastikstücke zwischen die Saiten klemmte. Damit etablierte sich der Begriff "Präpariertes Klavier".

Seither haben Pianist/innen und Komponist/innen immer wieder neue Hilfsmittel erprobt, um am Flügel bisher unerhörte Klangwelten zu erkunden: Stahlkugeln, Papierstreifen, Klebebänder, Angelschnüre, alpine Klettergeräte, Magnetspulen oder Pingpong-Bälle, um nur einige zu nennen. Aber auch die bloßen Hände der Pianist/innen können in dem Instrument eine Fülle von Klängen hervorbringen, die von den Herstellern des Flügels gar nie beabsichtigt waren. Und das Streben nach der Erweiterung und Hybridisierung des Klavierklangs geht immer weiter.

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