HELMUT MITTER
Gedanken für den Tag
von Uwe Mauch, Journalist beim Kurier. "Jenseits der Behaglichkeit" - Arm in Österreich. Gestaltung: Alexandra Mantler
16. Dezember 2016, 06:56
"Wir haben uns das nicht ausgesucht", erzählt Salah Ammo, der nur mit seiner Bouzuk und einem Koffer aus seiner Heimat geflüchtet ist. Dann greift der Lautenspieler aus Syrien zu seiner treuen Begleiterin, die mit ihrem langen Hals überall herausragt und die ihn bisher überallhin begleitet hat. Sein Gesang, der Klang seiner Heimat: Das geht sofort nahe, berührt die Herzen seiner alten und neuen Landsleute im Publikum.
Ammo ist Kurde. Er ist im Norden Syriens aufgewachsen. Hat dann in Damaskus und in England Musik studiert. Die syrische Laute klingt anders als die klassischen Instrumente, die in Wien gelernt und gespielt werden. Sie macht neugierig. Er hatte große Ambitionen, viele Ideen, ebenso viele Ziele. Bis die ersten Menschen in Syrien bedroht, eingesperrt, gefoltert, ermordet, mit Bomben und Granaten beschossen wurden.
Viel haben ihm die Machthaber dieser Welt gestohlen, aber bei weitem nicht alles, sagt der Kunstschaffende. Er sagt das nicht trotzig, er sagt das mehr überzeugt: "Sie können unsere Häuser zerstören, aber sie können uns nicht unsere Musik, unseren Geist, unsere Erinnerungen und unsere Würde nehmen."
Weil wir ja in wenigen Tagen in diesem Teil der Welt ein Fest des Friedens feiern, frage ich mich: Was, wenn einer wie Salah Ammo der erste wäre, der die sogenannte Flüchtlingsobergrenze überschreitet? Schicken wir ihn dann zurück in den Krieg?
Ich für meinen Teil kann dazu nur eines sagen: Ich bin nicht stolz, dass ich Österreicher bin, meine Geburt war noch keine Leistung, ich bin nur unglaublich dankbar.
Service
Uwe Mauch, "Die Armen von Wien. 13 Sozialreportagen", ÖGB-Verlag
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Titel: GFT 161216 Gedanken für den Tag / Uwe Mauch
Länge: 03:44 min