ORF/URSULA HUMMEL-BERGER
Radiogeschichten
Markus Meyer liest Francis Ponge.
"In Namen der Dinge" von Francis Ponge. Es liest Markus Meyer. Gestaltung: Nicole Dietrich
16. Jänner 2018, 11:05
Die Dingwelt selbst zum Sprechen bringen: Ob Kieselstein, Garnele, Schmetterling oder Auster - Ponges Maxime ist es, die Gedanken und Meinungen des Dichters hinter den Gegenständen zum Verschwinden zu bringen, um deren eigentliches Wesen sichtbar zu machen. So heißt es über die Kerze: "Manchmal entzündet sich in der Nacht eine seltsame Pflanze, deren Schein die möblierten Zimmer in Schattenmassive zerteilt. Ihr Goldblatt steht in der Höhlung eines Alabastersäulchens reglos an tiefschwarzem Stiel." Ponge beschreibt die Dinge nicht, er überführt sie in eine sprachliche Form, um sie dort erst zum Leben zu erwecken.
Unter dem Eindruck der Weltkriege und der einhergehenden Instrumentalisierung der Sprache macht es sich Ponge zum verbindlichen Prinzip, die Dinge von vorgefassten Meinungen zu befreien und mit den Mitteln der Sprache zu deren Eigenleben vorzudringen.
Mit seiner Dichtung ebnete Ponge den Weg für die großen sprachkritischen Theorien von Roland Barthes bis Jacques Derrida. In Deutschland zeigte sich vor allem Peter Handke stark beeinflusst, der Ponges "Das Notizbuch vom Kiefernwald. La Mounine" ins Deutsche übertrug. Francis Ponge (1899-1988) gilt als einer der angesehensten Dichter im Frankreich der Nachkriegsjahre und erhielt für sein Werk zahlreiche Preise.
Service
Francis Ponge, "Im Namen der Dinge". Aus dem Französischen übersetzt von Gerd Henninger. Suhrkamp (zweisprachige Ausgabe), 2017