Kleine Marshmellows auf dem Kakao

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Radiokolleg - Hedonismus

Vom Streben nach Genuss (4). Gestaltung: Ute Maurnböck

Sinneslust: das Hiersein im Jetztsein mit all seinen Vorzügen genießen, negative Empfindungen vermeiden. Hedonistinnen und Hedonisten ist das Streben nach Genuss Lebenszweck. Wobei sich am Begriff "Genuss" die hedonistischen Geister scheiden: Philosophen wie Platon und spätere christliche Glaubenslehren betonten die Erfüllung des Seins im Jenseits.

Andere - auch schon vorchristliche, den Göttern gegenüber kritisch eingestellte Philosophen, waren der Ansicht, dass ein Weiterleben nach dem Tod unwahrscheinlich sei und die Menschen ihre Erfüllung im Diesseits suchen sollten.
Im oberflächlich gebrauchten Begriff von Hedonismus, der heute mit Dekadenz oder zumindest Vergnügungssucht gleichgesetzt wird, stehen Essen, Trinken, Sex und materielle Dinge im Vordergrund bei der Suche nach irdischem Glück.

Blickt man tiefer, erkennt man Werte, die aktuell klingen: gehe nachhaltig mit dem einzigen Planeten, den wir haben, um; suche Erfüllung in deinem Beruf; finde Freude an deinem Tun. Die Generation Y möchte sich im Job selbst verwirklichen und lehnt Arbeitsangebote lieber ab, als sich die Work-Life-Balance kaputtzumachen. Die Arbeit folgt, wenn es sich irgendwie machen lässt, nicht rein monetären, sondern hedonistischen Zwecken. Sie ist auf der Suche nach einem gelungenen Leben mitten in einer Welt, die von Mietpreiserhöhung, Klimawandel, Massentierhaltung und Arbeitsdruck bestimmt ist.

Eine Reaktion darauf: mit Zwang zur Selbstentfaltung. Körper, Geist und Seele haben lustvoll zu funktionieren, regalweise erklären Ratgeberliteratur und soziale Medien, wie das geht. Das Streben nach Genuss ist in der westlichen Welt inzwischen vielerorts gekippt und zum Selbstläufer geworden. Markt- und Motivforschung versuchen, das Glücksgefühl der Lust der heterogenen Gruppen von Hedonist/innen profitabel zu fassen.

Wie genießen wahre Hedonist/innen also? Wie leben sie? Das Radiokolleg begibt sich auf die Spuren von Glücks-, Lust- und Sinnsuche.

Service

Karl Michael Brunner/S. Geyer/M. Jelenko/W. Weiss/F. Astleithner: Ernährungsalltag im Wandel. Chancen für Nachhaltigkeit, Springer Verlag 2007

Bettina Dessau/Bernulf Kanitscheider: Von Lust und Freude, Insel Taschenbuch 2000

Epikur: Briefe Sprüche. Werkfragmente, Reclam 2017

Andreas Heller/Patrick Schuchter: Sorgekunst. Mutbüchlein für das Lebensende, Edition Caro&Caro 2017

Jens Förster: Was das HABEN mit dem SEIN macht. Die neue Psychologie von Konsum und Verzicht, Pattloch Verlag 2015.

Lothar Kolmer/Michael Brauer (Hg.): Hedonismus. Genuss - Laster - Widerstand? Gastrosophische Bibliothek 2, Mandelbaum Verlag 2013

Lothar Kolmer/Michael Brauer (Hg.): Hedonismus leben. Der "gelungene Tag" in Geschichte und Gegenwart. Gastrosophische Bibliothek 5, Mandelbaum Verlag 2016

Barbara van Melle/Wolfgang Hummer: Der Duft von frischem Brot, Verlag Brandstätter 2016

Robert Pfaller: Wofür es sich zu leben lohnt. Elemente materialistischer Philosophie, S. Fischer Wissenschaft 2011

Patrick Schuchter: Sich einen Begriff vom Leiden Anderer machen. Eine Praktische Philosophie der Sorge, transcript Verlag 2016

Franz Schuh: Fortuna. Aus dem Magazin des Glücks 2017

Helmut A. Gansterer: "Darf man sich´s urgut gehen lassen? Wo es doch allen so schlecht geht." Ecowin Verlag 2013

Sendereihe