APA/HERBERT NEUBAUER
Leporello
Sommerreprisen
Lotte Ingrisch erinnert sich an Gottfried von Einem
17. Juli 2018, 07:52
Gottfried von Einem ist einer der bekanntesten österreichischen Komponisten der Moderne. Im vergangenen Jänner jährte sich der Geburtstag des 1996 Verstorbenen zum 100. Mal - und die Schar derer, die seiner gedachten und gedenken, ist groß. Ö1 gestaltet einen Jahresschwerpunkt, zahllose Konzerte standen bereits auf den Spielplänen, auch im Radiokulturhaus waren ausgewählte Orgelwerke Einems zu hören. 30 Jahre lang bis zu dessen Tod war Lotte Ingrisch die Frau an der Seite des Komponisten. Von den Feierlichkeiten lässt sie sich nicht davon abhalten, lieb gewonnene Bräuche zu pflegen. Leporello erzählte Ingrisch, dass sie in Erinnerung an ihren Gottfried so manchen guten Tropfen Weins in eine Wiese des Waldviertels zu leeren pflegt.
Schon als 20-Jähriger kam Gottfried von Einem als Korrepetitor an die Berliner Staatsoper, später schuf er Schlüsselwerke der Moderne, etwa die Oper "Dantons Tod" nach Georg Büchner, "Der Besuch der alten Dame" nach Friedrich Dürrenmatt oder "Der Prozess" nach Franz Kafka. Lotte Ingrisch schrieb für Einem u.a. das Libretto "Jesu Hochzeit", darüber hinaus verfasste sie zahlreiche Bücher über ihre Kontakte ins Jenseits. Zuletzt erschien "Der Quantengott" mit dem renommierten Physiker Helmut Rauch als Koautor. Gottfried von Einem und Lotte Ingrisch waren wahrlich kein gewöhnliches Paar, ihre Ehe sei jedenfalls sehr fröhlich und humorvoll gewesen, sagt Ingrisch
Musikdramen, Opern, Orgelwerke, Sinfonien, Kammermusik und Lieder - das Oeuvre Gottfried von Einems ist gewaltig. Doch ein Stück nimmt für Lotte Ingrisch eine Sonderstellung ein: Der Rindlberger Marsch. Für die Witwe bedeutet er ein Stück gemeinsamer Vergangenheit im Waldviertel.
Gottfried von Einem war ein viel beachteter musikalischer Vordenker - doch auch mit den Ambitionen seiner jenseits-affinen Ehefrau konnte er mühelos mithalten. Und hört man Lotte Ingrisch zu, ist zu erahnen, was den Komponisten an seiner Ehefrau fasziniert haben mag: die schrankenlose Fantasie, die auch ihm nicht fremd war.
Vor über 20 Jahren ist Gottfried von Einem in seinem geliebten Waldviertel gestorben. Seine Witwe hält bis heute übersinnlichen Kontakt zu ihm, ihre Gespräche mit dem Verstorbenen hat sie im Buch "Ratte und Bärenfräulein" beschrieben. Doch in letzter Zeit sind die Stimmen aus dem Jenseits leiser geworden. Sie sei eben auch schon alt geworden, sagt Lotte Ingrisch und fügt sich gelassen dem Schicksal, dem irdischen.- Gestaltung: Christa Eder
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Lotte Ingrisch: Buch Der Quantengott
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