Frau hält sich Stirn

DPA/OLIVER KILLIG

Das Ö1 Gesundheitsmagazin

Au! Alles über Schmerz

Die Radiodoktor-Sommerserie Teil 1: Wie entsteht Schmerz?

Von heute bis Mitte September dreht sich im Ö1 Gesundheitsmagazin alles um das Thema Schmerz. In jeder Sendung wollen wir dieses peinigende Phänomen aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Welche sind die potentesten Medikamente? Wie gehen die Traditionelle Chinesische und Europäische Medizin gegen Schmerzen vor? Welche High-Tech-Geräte können wirklich was? Wie kommen Skifahrer und Fußballer rasch wieder auf Piste und Feld und nicht zuletzt: Was können wir allein durch die Kraft unseres Geistes gegen Schmerzen ausrichten? All diesen Fragen werden wir auf den Grund gehen.

Schmerz gehört mit Sicherheit zu den elementarsten Empfindungen des Menschen. Die Kommunikation von Schmerz erfordert keine Erklärung. Ein entsprechender Gesichtsausdruck bzw. eine Geste reichen dafür völlig aus. Es ist hinlänglich bekannt, dass akuter Schmerz, beispielsweise durch Verletzungen, ein Warnsymptom darstellt und damit eine lebenswichtige Schutzfunktion erfüllt. Der Weg des Schmerzes von den Schmerzfühlern, die wir überall im Körper haben, über die Nerven und das Rückenmark zu verschiedensten Zentren im Gehirn ist relativ gut erforscht. Weniger klar ist die Situation allerdings beim neuropathischen Schmerz. Dabei handelt es sich um einen Schmerz, der direkt durch Erkrankungen oder Verletzungen im Bereich des Nervensystems entsteht. Hier gibt es Phänomene, die bisher nicht erklärbar sind. Beispielsweise, warum Schmerzen nach einer Gürtelrose unterschiedlich stark empfunden werden. Oder wie und warum es zu Phantomschmerzen kommt bzw. zu Narbenschmerzen, obwohl eine Wunde längst verheilt ist. Viele Menschen leiden nicht an körperlichen, sondern an seelischen Schmerzen. Es konnte mittlerweile nachgewiesen werden, dass seelische Schmerzen in denselben Gehirnzentren verarbeitet werden wie körperliche - nämlich im sogenannten Gyrus cinguli. Er befindet sich in der Großhirnrinde und gehört zum limbischen System. Der Gyrus cinguli wird auch dann aktiviert, wenn wir einer anderen Person dabei zusehen, wie sie sich gerade in den Finger schneidet oder vom Rad stürzt - wir empfinden den Schmerz quasi mit. Dieser sogenannte "empathische Schmerz" hat große Bedeutung für unser Verständnis von Mitmenschen. Ein besonderes Interesse der Forschung gilt den genetischen Ursachen von Schmerzen. Es konnten verschiedene Gendefekte ausgemacht werden, die zu völliger Schmerzunempfindlichkeit führen oder aber auch zu Schmerzüberempfindlichkeit.

Ein besonderes Kapitel stellt der chronische Schmerz dar. Ein relativ neues Konzept revolutioniert die Vorstellung von der Entstehung des chronischen Schmerzes und seiner Begleitphänomene: die sogenannte Neuroinflammation. Dabei handelt es sich um eine milde Entzündung in Rückenmark und Gehirn, die durch Schmerzen ausgelöst wird und chronische Schmerzen verursachen kann. Aber nicht nur das, Neuroinflammation führt auch zu Schlafstörungen oder Depressionen, unter denen Patienten mit chronischen Schmerzen häufig leiden. Umgekehrt können Schlafstörungen, Übergewicht und Stress eine Neuroinflammation auslösen und damit ursächlich an der Schmerzentstehung beteiligt sein. Die gute Nachricht: Patienten mit chronischen Schmerzen können selbst etwas dazu beitragen, um ihre Schmerzen zu lindern, zu heilen oder diese erst gar nicht auftreten zu lassen: Mittels gesunder Ernährung, wenig Stress und ausreichend Schlaf und Bewegung.

Eine Sendung von Michaela Steiner.
Redaktion: Christoph Leprich und Nora Kirchschlager

Service

Prim. Univ.-Prof. Dr. Burkhard Gustorff, DEEA
FA für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin
Wilhelminenspital
Montleartstraße 37
A-1160 Wien
Tel: +43/1/491 50-4001
E-MailProf. Gustorff

Univ.-Prof. Dr. Jürgen Sandkühler, MD, PhD
Professor für Neurophysiologie
Leiter des Departments für Neurophysiologie
Stv. Leiter des Zentrums für Hirnforschung
Medizinische Universität Wien
Spitalgasse 4
A-1090 Wien
Tel: +43/1/ 40160-34000
E-Mail
Zentrum für Hirnforschung

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